Bundesbankpräsident fordert mehr "Biss" bei der Bilanzprüfung

Vor dem Hintergrund des Wirecard-Skandals fordert Bundesbankpräsident Weidmann strengere Regeln für Wirtschaftsprüfer. Zudem plädiert er für die Befristung der Corona-Hilfen, um die Staatsfinanzen zu stabilisieren.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann | Foto: picture alliance/Arne Dedert/dpa
Bundesbankpräsident Jens Weidmann | Foto: picture alliance/Arne Dedert/dpa
Ulrike Barth mit dpa

Bundesbankpräsident Jens Weidmann fordert mit Blick auf die Wirecard-Affäre Veränderungen bei der Wirtschaftsprüfung. "Wirecard ist ein Skandal, und dem müssen wir künftig wirksamer vorbauen", sagte Weidmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe  am Montag (27. Juli). Sicherlich werde es darum gehen, "Regeln und Verfahren vor allem bei Wirtschafts- und Bilanzprüfung mehr Biss zu geben."

Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Vorstand des inzwischen insolvente Finanzdienstleisters Wirecard seit 2015 Scheingewinne auswies. Wirtschaftsprüfer hatten die Bilanzen des Konzerns trotzdem jahrelang nicht beanstandet.Bundesfinanzminister Olaf Scholz will wegen des Skandals sowohl die Finanzaufsicht BaFin umbauen, als auch die Regen für die Wirtschaftsprüfer verschärfen, die Unternehmensbilanzen testieren.

Scholz reagiert mit Aktionsplan auf Wirecard-Skandal

Weidmann sagte den Funke-Zeitungen: "Ehrliche Bilanzen sind für jedes Unternehmen wichtig, egal ob im Finanzsektor oder anderswo. Beispielsweise sollten das Verfahren der Bilanzprüfung und die Aufgaben, Möglichkeiten und Haftung der Wirtschaftsprüfer überdacht werden. So müssten sie etwa in der Lage sein, internationale Verflechtungen des Geschäfts besser zu durchleuchten."

Corona-Hilfen sollen befristet werden

Zudem hat Weidmann der Politik geraten, die Corona-Hilfen zeitlich zu begrenzen. "Wichtig ist, dass Hilfsmaßnahmen befristet sind. Dann laufen sie im weiteren Verlauf automatisch aus, und die Staatsfinanzen stabilisieren sich wieder." Der Staat solle sich nach der Krise wieder zügig zurückziehen. "Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer", so Weidmann.

Die Aufnahme gemeinsamer Schulden der EU-Staaten zur Bewältigung der Corona-Krise sieht der Bundesbankpräsident kritisch. "Gemeinschaftsverschuldung für umfangreiche Transfers halte ich grundsätzlich für bedenklich", sagte Weidmann.

"Zumindest sollte das Paket nicht als Sprungbrett für großangelegte EU-Verschuldung zur regulären Haushaltsfinanzierung dienen."

Es sei aber wichtig, dass sich die EU in der Krise als handlungsfähig erwiesen habe. "Solidarität in Europa - auch finanzielle - halte ich in dieser Situation für richtig", sagte Weidmann. "Damit die Mittel sinnvoll und effizient verwendet werden, braucht es Kontrollmechanismen."

Jetzt teilen

Zum Newsletter anmelden

Bleiben Sie mit unserem Newsletter immer auf dem aktuellen Stand der Entwicklungen Ihrer Branche.

Newsletter-Bedingungen

Lesen Sie auch