"Libra ist jetzt viel mehr"

Prof. Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance & Management erklärt den Neustart von Libra und die gestiegenen Chancen der Digitalwährung auf eine Zulassung.
Flagge der Frankfurt School of Finance & Management | Foto: Picture-Alliance / Andreas Arnold/ dpa
Flagge der Frankfurt School of Finance & Management | Foto: Picture-Alliance / Andreas Arnold/ dpa

Am Donnerstag hat die Libra-Association in der Schweiz ihren ersten Lizenz-Antrag gestellt. Mit Prof. Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance & Management sprach FinanzBusiness über die Chancen, die die Digitalwährung jetzt auf eine Zulassung hat. Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) und ist unter anderem Mitglied im FinTechRat des Bundesministerium der Finanzen.

Herr Professor Sandner, was sind die wesentlichen Änderungen im Libra-Projekt?

Prof. Philipp Sandner: Bisher bestand das Libra-Konzept aus einer Währung, die gedeckt war durch einen Korb von existierenden Währungen. Nun hat sich das Konzept sehr deutlich verändert. Libra ist jetzt viel mehr: Zunächst ist es eine Plattform, auf die man im zweiten Schritt verschiedene Einzelwährungen wie den Dollar oder Euro draufmontieren kann.

Zudem ist Libra auch weiterhin der anfangs geplante Korb von Währungen. Einzelne Libra-Währung wie den Dollar oder den Euro zu regulieren ist einfach, indem man sich etwa an der E-Geld-Lizenz in Europa orientiert.

Das Konzept des Währungskorbs ist zwar noch da, fällt aber deutlich kleiner aus. Dieser Teil von Libra kann weiterhin wohl nicht unkompliziert reguliert werden. Allerdings ist das auch nicht notwendig, wenn es in Zukunft im Euroland den Euro, in der Schweiz den Franken und in Großbritannien das Pfund gibt.

Prof. Philipp Sandner | Foto: Quelle: Frankfurt School Blockchain Center
Prof. Philipp Sandner | Foto: Quelle: Frankfurt School Blockchain Center

Hat Libra sich also der harschen Kritik von Notenbanken und Regulierungsbehörden gebeugt?

Das erste Konzept von Libra war so eine Art Nebelkerze. Das sehr kritische Feedback hatte man dort so nicht erwartet. Die zweite Version ist nun deutlich detaillierter, nachdem man sich eingearbeitet hat. Für einen nationalen Regulator hat Libra jetzt alle Anforderungen erfüllt, damit es lizensiert werden kann und dennoch behalten sie ihr Konzept eines Währungskorbs bei.

Aber eben nicht für Länder in Europa und oder Amerika, sondern für solche Länder, in denen es sonst keine stabile Währung gibt. Es wird jetzt also feiner differenziert, in welchem Land welche Regulierungsanforderungen gelten.

Der Anspruch, Weltwährung sein zu wollen, ist damit erstmal vom Tisch?

Libra ist keine Weltwährung, aber es ist trotzdem eine weltweite Plattform für alle möglichen Währung. Das klingt jetzt nicht mehr ganz so erhaben, hat es aber trotzdem in sich, weil damit früher oder später diverse lokale Währung auf Blockchain-Basis notieren können.

Was wird sich in der Gestaltung der Blockchain ändern?

In der ersten Version wollte Libra Mitgliedsunternehmen in einem Konsortium versammeln – diese Restriktion aber später auflösen und ein komplett dezentrales Netzwerk werden. So wie beispielsweise Ethereum, also eine echte Kryptowährung. Diesen Plan hat man jetzt fallen lassen. Auf der Netzwerk-Ebene ist nun auch konkret verankert, dass Libra die Identität von Personen sicherstellten möchte. Das ist das Thema KYC (Know Your Customer) mit dem Geldwäsche vorgebeugt werden soll.

Bleibt das Bedrohungsszenario für die Geldsouveränität der Zentralbanken bestehen?

Die Bedrohung ist schon da, weil eine Zahlungsinfrastruktur aus dem privaten Bereich ohne staatliches Zutun entsteht. Aber für Zentralbanken ist es möglicherweise keine Bedrohung mehr, weil sie damit weiterhin die alleinige Kontrolle über die Geldmenge hat. Die Zentralbank hat also weiterhin in den Händen, was sie in den Händen haben möchte.

Sind die Chancen auf die Zulassung mit den Neujustierungen gestiegen?

Ja, denn Libra hat in der Schweiz erstmal eine Lizenz für ein sogenanntes Zahlungssystem beantragt – etwas, was es bei uns in Deutschland gar nicht gibt. Es geht dabei darum, den Diskurs mit dem Regulator zu eröffnen und zwar mit der kleinsten technischen Lösung, die man durchsetzen kann. Wahrscheinlich werden andere Anträge folgen, beispielsweise auf eine E-Geld-Lizenz.

Kann Libra auch nach Deutschland kommen?

Auch in Deutschland ist eine Zulassung in diesem Rahmen denkbar. Die Bundesbank hat ja schon signalisiert, dass sie nichts gegen ein Blockchain-basiertes System hat, auf dem der Euro läuft, sofern es sich um "normales" Geschäftsbankengeld handelt. Für die Bundesbank wäre das in Ordnung und damit könnte es auch für alle anderen europäischen Länder in Ordnung sein.

Insgesamt ist die Vision mit der Umgestaltung zwar eingedampft worden, aber jetzt ist es realistisch, dass Libra in relativ kurzer Frist – also in ein bis zwei Jahren – auf den Markt kommen wird.

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