"In Europa haben wir viel dafür getan, Banken nicht mehr groß werden zu lassen", kritisiert Christian Sewing

Der Deutsche Bank-Chef hält auf dem Handelsblatt-Bankengipfel ein Plädoyer für die Banken- und Kapitalmarktunion - und fordert eine faire Regulierung. In der Verknüpfung von Technologie mit Beratung sieht er die Zukunft für die gesamte Branche.
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank | Foto: picture alliance/dpa | Arne Dedert
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank | Foto: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Deutsche Bank-Chef Christian Sewing läutet den Handelsblatt-Bankengipfel 2021 mit einer Mahnung ein: Im scharfen internationalen Wettbewerb müsse der europäische Finanzmarkt zu neuer Stärke finden. "Wir müssen endlich die Größenvorteile Europas nutzen", fordert Sewing in seiner Rede.

Der leistungsfähige Banken- und Kapitalmarkt sei einer der großen Standortvorteile der Vereinigten Staaten war und ist. "Das aber heißt im Umkehrschluss: Um wieder aufzuholen, braucht auch Europa einen stärkeren Banken- und Kapitalmarkt", fordert Sewing.

Es werde in Zukunft nur noch wenige globale Großbanken geben, nur sie könnten bei anhaltendem Kostendruck noch Effizienzgewinne heben und das Kapitalmarktdefizit in Europa beheben. 

Plädoyer für die Banken- und Kapitalmarktunion

Die europäische Regulierung habe es Banken aber schwer gemacht diesem internationalen Wettbewerb mitzumischen.  "Es war und bleibt richtig, Großbanken besonders sorgfältig zu regulieren", argumentiert der Deutsche Bank-Chef. "In Europa haben wir jedoch gleichzeitig viel dafür getan, Banken gar nicht mehr groß werden zu lassen."

Wenn die europäischen Banken immer restriktiver reguliert werden, würde das Geschäft nicht verschwinden – es werde nur in andere Finanzbereiche abwandern.

"Möglich ist auch, dass wir es künftig mit völlig neuen Konstellationen bei der Konsolidierung im Finanzwesen zu tun haben – die aber vor allem regulatorisch getrieben wären. Das würde das stark kontrollierte Bankensystem weiter aushöhlen, während die Geschäfte woanders gemacht werden", sagt Sewing.

Ein Ausweg aus diesem "fragwürdigen Kurs" sei die Banken- und Kapitalmarktunion. "Wir können uns da keinen evolutionären Weg mehr leisten, hier braucht es einen großen Sprung nach vorn", fordert Sewing - inklusive einer "überfällige Konsolidierung über Landesgrenzen hinweg".

Keine konkreten Fusionspläne

Über eigene Konsolidierungpläne der Deutschen Bank wollte Sewing in der nachfolgenden Diskussion aber nicht spekulieren. Die Bank sei dabei im Rahmen ihrer Umstrukturierung die eigenen Hausaufgaben zu machen, gleichzeitig müsse man sich natürlich Gedanken machen was insgesamt in der Branche passiert. "Die beste Vorbereitung ist, selbst fit zu sein. Wir werden fitter und fitter, von Quartal zu Quartal", so Sewing.

Aber: "Wir scharren nicht mit den Hufen und schauen uns auch nicht um", sagt der Deutsche Bank-Chef auf die Frage nach möglichen Fusionspartnern.

Faire Regulierung

Sewing forderte in seiner Rede vor allem eine faire Regulierung. "Gleiche Geschäfte, gleiche Regulierung, das muss der Grundsatz sein." Das gelte für Kapitalvorschriften, die die europäischen Wirtschaftsstrukturen nicht ausreichend berücksichtigen – Stichwort Basel IV, aber auch für den Verbriefungsmarkt, der in Europa auch wegen regulatorischer Schranken nur ein Zehntel der Größe des amerikanischen Marktes erreiche.

Zudem warnt der Deutsche Bank-Chef vor einem "ungleichen Kampf zwischen Banken und anderen Finanzkonzernen". "Angesichts dauerhaft negativer Zinsen drängen Kapitalsammelstellen auf der Jagd nach höheren Renditen in Kreditmärkte vor, die traditionelles Spielfeld der Banken waren", so Sewing.

Nachhaltigkeit als Chance

Chancen macht er vor allem beim Thema Nachhaltigkeit aus. Weil für die Transformation der Wirtschaft gigantische Investitionen erforderlich sind, sei der Finanzsektor als "Schlüsselindustrie" gefordert.

"Nachhaltigkeit verändert Banken bereits von Grund auf – und dieser Wandel wird sich noch beschleunigen", so Sewing. Das fange mit dem Risikomanagement an, bei der Validierung von Krediten, Investitionen und Transaktionen nach Umwelt-, Sozial- und Führungsstandards. Zudem habe Nachhaltigkeit den Beratungsbedarf enorm gesteigert, bei Firmen ebenso wie bei Privatanlegern.

Verbindung von Technologie und Beratung

"Was Banken insbesondere können und da schließlich ich alle drei Sektoren - Genossenschaftsbanken, Sparkassen, private Bank mit ein - ist die Risiko Management-Expertise", sagt Sewing. Er sei zutiefst überzeugt, dass die Verbindung von Technologie und Beratungskompetenz "auch eine klassische Bank zu den Gewinnern in der Zukunft" macht.

Der Wandel in eine nachhaltige Wirtschaft könne für europäische Banken aber auch Unternehmen ein Einfallstor sein, bei dem man "Standards setzen und auch die gesamt und globale Wirtschaft treiben" könne, betont Sewing. "Das sollten wir nutzen, deswegen haben wir unser Haus konsequenter aufgesetzt und wir werden uns da weiterentwickeln."

Der zuletzt aufgekommen Kritik an der Fondstochter DWS, der Greenwashing vorgeworfen wird, stellte der Deutsche Bank-Chef die bisherigen Erfolge des Instituts gegenüber. "Wir haben unsere Ziele, die wir uns gesetzt haben, ob es auf der Investment Seite ist oder auf der Kreditseite um zwei Jahre nach vorne geholt und wollen also 200 Milliarden Anlagen oder Kredite bis 2023 zur Verfügung stellen", so Sewing.

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