Initiative gegen IBAN-Diskriminierung zählt bislang 1000 Verbraucher-Beschwerden

Europäische Fintechs gründeten die 'Accept my IBAN'-Initiative. Verbraucher wurden aufgefordert, Fälle von Benachteiligungen zu melden. Nun ziehen die Unternehmen Bilanz - besonders bei einer großen deutschen Bank häufen sich Beschwerden.
Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise. | Foto: Wise
Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise. | Foto: Wise

Die Nichtanerkennung einer IBAN innerhalb Europas ist nach der EU-Verordnung 260/2012 eigentlich nicht zulässig - in der Praxis haben Fintechs und Neobanken jedoch vermehrt auf IBAN-Diskriminierung hingewiesen. Um dem entgegenzuwirken, gründeten unter anderem N26, Wise und Klarna im März die Initiative 'Accept my IBAN' und forderten Verbraucher zum Einreichen von Beschwerden auf.

Fintechs prangern IBAN-Diskriminierung an 

Am Mittwoch veröffentlichten sie erste Daten zur IBAN-Diskriminierung. Insgesamt wurden seit dem Start 1000 Fälle gezählt.

"Personen mit deutschen IBANs scheinen die Problematik besonders gut zu kennen", heißt es in einer Mitteilung von 'Accept my IBAN'. Demnach stammt fast jede dritte Beschwerde (29 Prozent) von Menschen, die mit ihrer deutschen IBAN (DE) im Ausland eine Transaktion auslösen oder einen Vertrag abschließen wollten. Die Hälfte dieser gemeldeten Verstöße gegen europäisches Recht wurden in Frankreich verzeichnet.

In Deutschland vor allem Commerzbank-Kunden betroffen

Besonders häufig findet man in einem öffentlich zugänglichen Dokument, das Erfahrungen von Verbrauchern zeigt, Beschwerden von Kunden der Commerzbank. Beispielsweise beklagt ein Commerzbank-Kunde, dass ein Dauerauftrag zu einem niederländischen Konto nicht möglich sei (siehe Screenshot).

Screenshot einer mutmaßlichen IBAN-Diskriminierung. | Foto: Initiative 'Accept my IBAN'
Screenshot einer mutmaßlichen IBAN-Diskriminierung. | Foto: Initiative 'Accept my IBAN'
Das Problem für Überweisungen auf ein niederländisches Konto beklagen auch andere. "Wenn jemand mit einem deutschen Commerzbank-Konto Geld auf eine niederländische IBAN überweisen möchte, muss er/sie zuerst seinen/ihren Bankberater kontaktieren, damit diese Funktion im Bankkonto für europäische IBANs aktiviert wird", schreibt ein Kunde.

Commerzbank und ING beziehen Stellung

Die Commerzbank erwiderte auf die Anschuldigungen gegenüber FinanzBusiness, dass "Lastschriften zu Lasten Commerzbankkonten von anderen europäischen Konten ohne Einschränkungen möglich" seien. "Online- oder Mobile-Banking-Überweisungen (zu Lasten Commerzbank) zugunsten europäischer Konten sind ohne Einschränkungen möglich, wenn der Kunde ein entsprechendes Online-Banking-Auftragslimit für Auslandsüberweisungen hat", hieß es zudem. Das Haus vermute daher, dass die Aktivierung, die jeder Kunde selbstständig durchführen könne, nicht stattgefunden habe.

Auch Kunden der ING Deutschland haben Beschwerden eingereicht. Darauf entgegnete ein ING-Sprecher zu FinanzBusiness: "Selbstverständlich halten wir uns an die SEPA-Verordnung und ermöglichen Überweisungen auf europäische (nicht-deutsche) Konten. Der erste in der Liste aufgeführte Fall bezieht sich auf das Hinterlegen eines Referenzkontos für unser Direkt-Depot. Das muss grundsätzlich ein bei uns geführtes Girokonto oder Extra-Konto sein. Das kommunizieren wir auch bei den Produktbedingungen."

Aus dem zweiten Fall der Liste gehe nicht hervor, ob er gleich gelagert ist oder sich tatsächlich auf eine abgelehnte Überweisung bezieht. "Daher können wir auch nicht nachvollziehen, wo und weshalb die IBAN abgelehnt wurde", heißt es von der ING.

Initiative leitet Beschwerden an EU-Kommission weiter

Am häufigsten werden innerhalb Deutschlands Unternehmen oder Institutionen aus der Finanzbranche gemeldet (31 Prozent). Die zweitmeisten Probleme treten mit anteilig 17 Prozent bei Internet- sowie Mobilfunkanbietern auf.

"Obwohl das Gesetz Verbraucherinnen und Verbraucher seit Jahren schützen soll, gibt es etliche Fälle von IBAN-Diskriminierung in der EU. Dass die Problematik nach wie vor so verbreitet ist, hat uns überrascht. Wir freuen uns daher, dass es uns gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern gelingt, über diese illegale Praxis aufzuklären", kommentierte Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise.

Die Beschwerden will die Initiative an die Europäische Kommission weiterleiten. Dann hoffe sie, dass die politischen Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden "geeignete Maßnahmen" ergreifen werden, um die Diskriminierung einzudämmen. "Sie widerspricht allem, wofür die EU steht: dem Schutz und der Freiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher im Binnenmarkt", ist Tharmarajah überzeugt.

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