EZB-Chefvolkswirt informierte nach Zinssitzungen offenbar einzelne Banken

Auch die Deutsche Bank gehörte zu den ausgesuchten Geschäftsbanken, mit denen Philip Lane telefoniert hat, berichtet das "Wall Street Journal".
Philip Lane | Foto: picture alliance / empics | Niall Carson
Philip Lane | Foto: picture alliance / empics | Niall Carson
dpa

Die Kommunikationspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) könnte laut einem Pressebericht einen Kratzer bekommen haben. Chefökonom Philip Lane soll dem "Wall Street Journal" zufolge ausgesuchte Geschäftsbanken nach Zinssitzungen der Notenbank telefonisch kontaktiert und über Details geldpolitischer Entscheidungen informiert haben.

Es soll sich um Runden mit mehreren Banken gehandelt haben, darunter Citigroup, Deutsche Bank, Goldman Sachs und JP Morgan. Auch große Vermögensverwalter wie Blackrock oder Pimco sollen dazu gehören.

Antworten auf Fragen zu den aktuellen Prognosen

In den 10 bis 15 Minuten langen Telefonrunden soll Lane Fragen zu den aktuellen geldpolitischen Entscheidungen und den jüngsten Prognosen der Notenbank beantwortet haben, schreibt das Blatt. Zudem habe er geldpolitische Signale erläutert und teils zurechtgerückt sowie geldpolitisch-technische Fragen erörtert.

Ein Sprecher der EZB bestätigte gegenüber der Zeitung das Vorgehen Lanes. Die Notenbank habe das Prozedere im September 2019 beschlossen, aber erst im März 2020 mit der Umsetzung begonnen. In den Gesprächen gehe es darum, die Meinungen von EZB-Beobachtern zu hören und technische Fragen zu beantworten.

Inhaltlich ausschließlich Öffentliches

Inhaltlich gehe es ausschließlich um öffentlich verfügbare Informationen und die zuvor veröffentlichten geldpolitischen Beschlüsse. EZB-Präsidentin Christine Lagarde wollte die Angelegenheit laut dem Sprecher nicht kommentieren.

Das Vorgehen der EZB ist nicht vollends unproblematisch. Geldpolitische Entscheidungen und deren Erklärung bewegen die Finanzmärkte meist stark. Deshalb achten Zentralbanken mit Argusaugen darauf, dass geldpolitische Informationen allen Marktteilnehmern möglichst zeitgleich zur Verfügung stehen. Geschlossene Runden sind in der Geldpolitik daher zumindest unüblich.

Angeschärfte Kommunikationsregeln

Vor wenigen Jahren erst hat die EZB ihre Kommunikationsregeln verschärft, nachdem Benoit Coeure, ein ehemaliges ranghohes EZB-Mitglied, geldpolitisch relevante Informationen vorab vor einem geschlossenen Kreis von Investoren angedeutet hatte.

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