EU-Wiederaufbauplan soll 750 Mrd. Euro umfassen

Der größte Teil werden Zuschüsse sein, der Rest Kredite. Finanziert wird das Ganze über Anleihen, die gemeinsam zurückgezahlt werden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | Foto: picture alliance / Photoshot
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | Foto: picture alliance / Photoshot
DPA

Die Europäische Kommission plant ein Wiederaufbauprogramm im Umfang von 750 Mrd. Euro für die wirtschaftliche Erholung Europas nach der Corona-Krise. Zwei Drittel der Gesamtsumme sollen demnach als nicht rückzahlbare Zuwendungen und ein Drittel als Kredite fließen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht gute Chancen für eine Einigung der EU-Staaten auf das Programm. Die Diskussion sei natürlich noch nicht zu Ende. "Aber man kann jetzt schon sagen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es zu einer Verständigung kommt."

Das von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen entworfene Konjunkturprogramm fällt noch deutlich größer aus als eine deutsch-französische Initiative für ein 500-Mrd.-Euro-Paket. Daneben will von der Leyen einen regulären mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 im Umfang von 1,1 Billion Euro vorschlagen.


"Die Vorschläge der EU-Kommission für einen Wiederaufbaufonds konzentrieren sich aufs Geldausgeben, bleiben aber bei Fragen der Finanzierung vage", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "So ist unklar, wie die zur Finanzierung des Fonds begebenen Anleihen ein Spitzenrating von AAA erhalten sollen. Aber mit der üblichen Verzögerung wird es am Ende einen Wiederaufbaufonds geben. Er erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die EU bei zukünftig auftretenden Problemen erneut massiv verschuldet. Dennoch bleiben die Anleihekäufe der EZB der politisch einfachere Weg, die Währungsunion zusammenzuhalten."

Größter Batzen für Italien und Spanien

Allein für Italien und Spanien sind laut einer kommissionsinternen Aufstellung mehr als 300 Mrd. Euro als Zuwendungen und Kredite reserviert: 173 Mrd. für Italien und 140 Mrd für Spanien. Für Deutschland sind bis zu 28,8 Mrd. Euro vorgesehen, ausschließlich als Zuwendungen. Für Frankreich wären es knapp 39 Mrd. Euro, ebenfalls komplett als Zuwendungen. Um das Geld müssen sich die EU-Staaten mit eigenen Anträgen und Projektvorschlägen bewerben.

Die Anteile richten sich nach dem Ausmaß der wirtschaftlichen Krise. Italien und Spanien waren die von der Pandemie am schlimmsten getroffenen Länder.

Beratungen über den Plan dürften lange dauern

Von der Leyen stellt den Plan am Nachmittag offiziell in einer Rede im Europaparlament vor. Anschließend beginnt in den 27 EU-Staaten die - voraussichtlich wochenlange - Beratung darüber. Nötig wäre, dass Haushaltsplan und Wiederaufbauprogramm einstimmig gebilligt werden. In Deutschland muss der Bundestag zustimmen.

Mit dem Wiederaufbauplan soll die schlimmste Rezession in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigt werden. Wegen des zeitweiligen Stillstands während der Pandemie wird die Wirtschaft in der EU nach einer offiziellen Prognose dieses Jahr um 7,4 Prozent schrumpfen. Die EU-Staaten haben bereits ein gemeinsames Sicherheitsnetz mit Kredithilfen von bis zu 540 Mrd. Euro gespannt.

Gemeinsame Rückzahlung über den EU-Haushalt

Das Programm zur wirtschaftlichen Erholung im Rahmen des Haushaltsplans ist nun der nächste Schritt. Das Neue: Die über Kredite finanzierten Mittel sollen überwiegend als Zuwendungen an die EU-Staaten vergeben werden, die nicht die Empfänger, sondern alle gemeinsam zurückzahlen.

Das soll über den EU-Haushalt passieren, weshalb die Mitgliedsstaaten Beitragszusagen zum Haushalt garantieren sollen. Im Fachjargon: Die Eigenmittelobergrenze soll drastisch erhöht werden. Die Schulden sollen dann über Jahrzehnte aus dem EU-Budget abgestottert werden - und zwar in den Jahren 2028 bis 2058.

Dabei sollen nach dem Willen der EU-Kommission neue eigene Einnahmen für die EU aus Steuern und Abgaben helfen. Im Gespräch sind eine Ausweitung des Europäischen Emissionshandels, eine Digitalsteuer oder eine Plastikabgabe.

Zuschüsse in der Kritik

Dass aus Krediten stammendes Geld als Zuwendung und nicht nur als rückzahlbares Darlehen an Krisenstaaten fließen soll, stößt bei einigen EU-Ländern auf Widerstand. Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark - die "Sparsamen Vier" - haben gemeinsam Einspruch erhoben.

Die Europa-Grünen drängten die deutsche Bundesregierung, während ihrer Ratspräsidentschaft die übrigen EU-Staaten vom Wiederaufbauplan zu überzeugen. Dass sich Merkel hinter ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm gestellt habe, sei ein großer Schritt nach vorn gewesen, lobte die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Ska Keller. "Jetzt geht es darum, eine Mehrheit dafür zu gewinnen bei den Treffen des Europäischen Rats."

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