"Der Betrug wächst schneller als der Markt", sagt Christian Mangold

Fraugster spürt Betrugsfälle im E-Commerce auf – dabei könnte die KI des Unternehmens auch Banken helfen. FinanzBusiness sprach mit dem neuen Co-CEO Christian Mangold über "gute" Transaktionen und das Geschäft mit dem Risiko.
Christian Mangold, seit März Co-CEO von Fraugster | Foto: Fraugster
Christian Mangold, seit März Co-CEO von Fraugster | Foto: Fraugster

Betrug ist im E-Commerce nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Neun von zehn Händler haben damit schon Erfahrung machen müssen, zeigte im vergangenen Jahr eine Umfrage des IFH Köln und der Schufa. Zumeist ging es um falsche Identitäten, Phishingattacken, ergaunerte Zugangs- und Kontodaten – in letzter Konsequenz: Um eine Welt voller Risiken, die sich kaum abschließend managen lassen. Es ist die Welt von Fraugster.

Das Berliner Start-up, zu dessen Kunden unter anderen die Zahlungsdienstleister Wordline-Ingenico und Ratepay gehören, empfiehlt sich Händlern mit seiner KI-Lösung als eine Art Detektei für das Big Data-Zeitalter. Hauptthema ist die Datenanalyse – Hauptziel, Betrug soweit wie möglich zu reduzieren, ohne dabei "gute" Transaktionen abzulehnen. Fachleute nennen sie "false positives".

"Im Grunde geht es für Händler um ein Wettrüsten gegen das Risiko", sagt Co-CEO Christian Mangold im Gespräch mit FinanzBusiness. "Der Betrug wächst schneller als der Markt."

Betrugsfilter für Onlinehändler

Fraugster hat ein Verfahren entwickelt, das anhand ausgewählter Daten zu bestimmen versucht, ob eine Transaktion valide ist – oder, zum Beispiel, bloß das Ergebnis eines betrügerischen Bot-Angriffs. Ist die Bestellanfrage vertrauenswürdig? Sieht der Händler am Ende tatsächlich Geld für die von ihm ausgelieferte Ware?

Das Verfahren basiert auf Künstlicher Intelligenz und Machine Learning, auf Statistik. Laut Mangold werden bei jeder Transaktion 40 Datenpunkte erfasst, darunter die Uhrzeit, die verwendete E-Mail- und die IP-Adresse des Bestellers.

Per Datenanreicherung werden diese Datenpunkte schließlich verknüpft und mit historischen Daten abgeglichen. "Insgesamt kommen wir so auf etwa 2500 Datenpunkte, die unsere Engine prüft und daraus einen Score ermittelt", erklärt Mangold. Dauer des Ganzen: 15 Millisekunden. Damit arbeitet das System nahezu in Echtzeit – abgerechnet wird pro Transaktion.

Vorstufe zu Bonitätsabfragen

Der Score ist ein Wert, der die Wahrscheinlichkeit eines Betrugs angibt, indem er Indizien aufsummiert. Er ist kein Faktum, wie es die Auskunft bei von einem Bonitätsdiensleister wäre, dafür jedoch schneller und laut Mangold auch günstiger zu haben.

Mangold nennt keine konkreten Preise, betont aber: "Da unser Prozess vollautomatisiert abläuft, können wir bei den Kosten, zumal bei der Masse, deutlich tiefer ansetzen."

Masse: Im Geschäftsmodell von Fraugster ist das ohnehin der zentrale Faktor. Und auch der Grund dafür, dass das Unternehmen sich mit seiner Lösung noch nicht an Banken gewandt hat.

Zu wenig Volumen bei Banken

Denkbar wäre das zwar, sagt Mangold und verweist auf Themen wie die Kontoeröffnung und Kreditanträge. "Vorerst konzentrieren wir uns aber zunächst auf den E-Commerce und Payment Service Providers (PSPs), weil hier die Zahl der Transaktionen um ein Vielfaches höher liegt. Allein im vergangenen Jahr wurden von uns 200 Mrd. Datenpunkte ausgewertet, für uns hat dieser Markt ganz klar wachstumsstrategische Priorität."

Mangold kam im März zu Fraugster und soll als Expansionsmanager den Ausbau des Geschäfts in den USA und Lateinamerika vorantreiben – im Payment-Umfeld ist er kein Unbekannter: Ab 2012 war er Chief Sales Officer bei der Sofort AG, blieb auch nach der Übernahme durch Klarna, die zwei Jahre später erfolgte, an Bord.

Zuletzt, bevor er zu Fraugster wechselte, arbeitete er als Chief Financial Officer für den IT-Dienstleister Auticon.

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