Der strengste Aufseher der Schweiz

FinanzBusiness Profil: Als neuer BaFin-Chef muss sich Mark Branson direkt zu Amtsantritt als Krisenmanager bewähren. Doch darin hat der ehemalige Chef der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma schon Erfahrung.
Mark Branson, zukünftiger Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) | Foto: picture alliance/KEYSTONE | PETER KLAUNZER
Mark Branson, zukünftiger Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) | Foto: picture alliance/KEYSTONE | PETER KLAUNZER

Der Gesichtsausdruck ist undurchschaubar, seine Nervosität lässt sich Mark Branson kaum anmerken, während er die Fragen des mittlerweile ehemaligen US-Senators Carl Levin beantwortet. Branson ist an jenem März im Jahr 2009 für eine Anhörung eines Unterausschusses des Senats in die USA geflogen, er ist damals bei der UBS als Finanzchef für die globale Vermögensverwaltung und den Schweizer Bankenbereich zuständig gewesen.

Der Grund für seine Reise in die USA war heikel. Mitarbeiter der UBS sollen Kunden in den USA dabei geholfen haben, Steuern zu hinterziehen. Auf Geheimkonten der UBS hätten US-Bürger ihr Vermögen vor dem Finanzamt verborgen.

Krisenfestigkeit

Während der Anhörung beweist sich Mark Branson erstmals seine Krisenfestigkeit. Er übernimmt Verantwortung, entschuldigt sich für das Fehlverhalten seiner Mitarbeiter und kündigt an, künftig keine Offshore-Leistungen mehr für US-Kunden aus der Schweiz heraus anzubieten.

Nicht die einzige Krise, die Branson während seiner Zeit bei der UBS erlebte. Als die Bank den Libor manipuliert haben soll, beaufsichtige er die Aktivitäten der UBS in Japan. Zum Verhängnis wurde ihm das nicht: Die Finma gab ihm später Entwarnung wegen des Betrugs, mit dem Argument, dass die Händler der UBS nicht ihm unterstellt waren, sondern der Investmentbanking-Führung in London.

Vorbehalte waren groß

Dennoch waren die Vorbehalte gegen Branson groß, als er 2010 zur Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma wechselte und die Leitung des Geschäftsbereichs Banken übernahm. Ein Banker, der nun Banken beaufsichtigen soll - das weckte zunächst Skepsis.

Doch gerade seine Banker-Herkunft machte der studierte Mathematiker zu seinem Vorteil. Er weiß, wie man mit Bankern kommuniziert und schaffte es dadurch, den Dialog zwischen der Aufsicht und den Instituten zu verbessern. 2014 wurde er schließlich zum Direktor der Finma befördert.

Von diesem Zeitpunkt an verschrieb er sich besonders dem Kampf gegen Geldwäsche. Die Regulierung, ob von Geldwäsche oder Banken, sei in der Schweiz schwach, sagt der Schweizer Ökonom und frühere Preisüberwacher Rudolf Strahm im Gespräch mit Reuters. Doch daran sei Branson nicht schuld. "Er war der strengste Chef der Aufsichtsbehörde, den wir in der Schweiz gesehen haben."

Dabei scheute sich der gebürtige Brite, der fließend Deutsch spricht, auch nicht, sich mit der Politik anzulegen. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung kritisierte er die Reform des Schweizer Geldwäschegesetzes, da sie Meldeschwellen für Geldwäsche-Verdachtsfälle erhöhen könnte.

"Das Geldwäscherisiko kann in der Tat nicht auf null reduziert werden. Aber dass Schweizer Banken als zentrale Akteure in den großen globalen Geldwäschereiskandalen mit dabei sind, das darf nicht sein", sagt Branson in dem Interview. Er bezog sich dabei auf Skandale, wie die Veruntreuung der Mittel aus dem 1MDB-Fonds, der 2009 zur Wirtschaftsförderung Malaysias eingerichtet wurde, und in die auch eidgenössische Geldhäuser verwickelt waren.

Härtere Gangart

Unter Bransons Führung schlug die Finma eine härtere Gangart bei Banken ein, die nun für Verbrechen wie Insiderhandel öffentlich benannt und angeklagt wurden. Lange Zeit hatte die Finma lediglich in seinem Jahresreport mitgeteilt, welche Strafen sie verhängt hat, wobei die Namen der Banken weggelassen wurden.

Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Finma mit weniger Befugnissen ausgestattet, Branson musste bei der Durchsetzung von Regeln immer wieder an die Grenzen dessen gehen, was der Finanzmarktaufsicht bei der Durchsetzung erlaubt ist. Dadurch hat er sich einen Ruf erarbeitet.

Wechsel wird begrüßt

Anders als bei seinem damaligen Wechsel von der UBS zur Finma, wird ihm bei seinem Wechsel an die Spitze der BaFin mit Wohlwollen begegnet. Vonseiten der Deutschen Kreditwirtschaft sowie der Politik wird seine Ernennung begrüßt.

Auch seine Expertise im Bereich Fintechs und Blockchain wird gelobt. Ein Kenner der Szene beschreibt auf Anfrage von FinanzBusiness Branson als "offen und technik-orientiert". Was er bei der Finma geleistet habe, sei bemerkenswert.

Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der Linken-Fraktion im Bundestag, äußert sich hingegen skeptischer. "Es ist kein Zufall, dass Facebook etwa mit seinem digitalen Geld eine Zulassung in der Schweiz begehrt", so der Abgeordnete.

Finma prüft Facebook-Währung

Die Finma prüfte im vergangenen Jahr Diem, ein von Facebook unterstütztes Zahlungssystem. Das Projekt, das früher unter dem Namen Libra bekannt war, hatte sich für einen Genfer Verein entschieden, was bedeutet, dass es in den Zuständigkeitsbereich der Finma fällt.

Krypto-Experten spekulieren nun, dass die Regulierung unter Branson Blockchain-freundlicher wird, da er bereits in der Schweiz durch neue Gesetze eine umtriebige Krypto-Szene ermöglicht hatte.

Doch zunächst wartet auf Branson eine erneute Bewährungsprobe als Krisenmanager, er übernimmt die deutsche Aufsichtsbehörde inmitten des Wirecard-Skandals. Es gilt nun, das Vertrauen in die BaFin wiederherzustellen. Mit der Aufarbeitung von Skandalen sollte er, seit seiner Anhörung vor dem US-Senatsausschuss 2009, genügend Erfahrung haben.

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