"Mit halben Sachen gebe ich mich nicht zufrieden", sagt Manfred Knof

Der Stellenabbau bei der Commerzbank nimmt Gestalt an. Das Institut gibt auch den Aktienhandel und das Einzelwerte-Research aus der Hand.
Commerzbank-Vorstände Manfred Knof und Bettina Orlopp | Foto: Commerzbank
Commerzbank-Vorstände Manfred Knof und Bettina Orlopp | Foto: Commerzbank

Bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz als Vorstandsvorsitzender der Commerzbank hat Manfred Knof unterstrichen, dass der eingeschlagene Restrukturierungskurs alternativlos ist.

Mit der Strategie, mit der Deutschlands zweitgrößte Geschäftsbank in drei Jahren eine Eigenkapitalrendite von rund sieben Prozent erzielen will, folgt die Commerzbank nicht nur wirtschaftlichen Notwendigkeiten. "Wir richten uns auch konsequent an den veränderten Kundenbedürfnissen aus", so Knof.

Der langjährige Allianz-Manager und ehemalige Privatkundenvorstand der Deutschen Bank unterstrich: "Die Strategie trägt die Handschrift des Vorstands und somit auch meine Handschrift."

Kern der Strategie ist unvermindert der Abbau von 10.000 Vollzeitstellen. Demgegenüber steht ein Aufbau von 2.500 Stellen, die aber nicht zwingend in Deutschland entstehen werden. Knof will Backoffice-Tätigkeiten in regionalen Hubs bündeln. Er nannte auf Nachfrage die Länder Polen und Bulgarien. In Polen werden schon heute Tätigkeiten erledigt, die auch Beschäftigte der Com TS verrichten.

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Mit 3.500 beziehungsweise 3.400 Stellen sind das Privatkundengeschäft und der Bereich Operations/Backoffice in etwa gleich stark von den Einschnitten betroffen, schlüsselte Finanzvorständin Bettina Orlopp auf. 900 Jobs sollen im Firmenkundengeschäft wegfallen.

Kein Aktienhandel und Research mehr

Am prominentesten sind wohl die Jobs der Commerzbank-Aktienhändler. Den Wertpapierhandel will das Institut aus der Hand geben, ebenso den Research von Einzelwerten, kündigte Knof an. Beides soll an Kooperationspartner ausgelagert werden.

Wie viele Arbeitsplätze auf Aktienhändler und Analysten entfallen, wollte Orlopp nicht sagen. Im Zuge der Entlassung der Telekom-Analystin Heike Pauls wegen ihrer umstrittenen Äußerungen zum insolventen Zahlungsdienstleister und Commerzbank-Gläubiger Wirecard bereits Mitte Januar den Research zu Telekommunikations- und Technologiewerten eingestellt.

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Orlopp deutete an, dass mögliche Kooperationspartner auch Mitarbeiter übernehmen könnten, wurde aber nicht konkret. Seiner Finanzvorständin überließ Knof auch zu verkünden, dass die Bank betriebsbedingte Kündigungen zwar vermeiden wolle, aber nicht ausschließen könne.

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Wachsen soll indes die polnische Tochter M-Bank, die bis zum vergangenen Jahr noch auf der Verkaufsliste der Commerzbank statt. Hier sollen 200 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Und von der M-Bank soll mittelfristig auch das Ertragswachstum herrühren.

Denn die Bank will zwar profitabler werden, rechnet aber ertragsseitig mit nur noch moderatem Wachstum. Inklusive der M-Bank sollen die Erträge von 8,2 Mrd. Euro auf 8,7 Mrd. Euro in 2024 steigen. Im laufenden Jahr rechnet die Commerzbank sogar mit sinkenden Erträgen, was Aktionäre kurzfristig verschnupft hatte.

"Profitabilität geht vor Wachstum"

"Profitabilität geht vor Wachstum", gab Knof das Motto aus. Das wird wohl auch das Aus für die Gratiskultur bei der Girokontoführung sein. Knof kündigte "neue Preismodelle" bei Konten an, blieb aber unkonkret.

Das könnte Kunden vergraulen. In diesem Zusammenhang bezifferte Orlopp mögliche Ertragseinbußen während der Restrukturierung über alle Sparten des Instituts hinweg auf 300 Mio. Euro.

Immerhin will die Commerzbank in diesem Jahr operativ wieder schwarze Zahlen schreiben. Ob es auch unter dem Strich für ein Plus reicht, ist offen. "Der Nettogewinn (2021) ist deutlich schwieriger zu prognostizieren. Fragen sie mich im zweiten Quartal noch mal, dann habe ich bessere Antworten", sagte Orlopp.

Breite Spanne bei Risikovorsorge

Vieles dürfte in diesem Jahr auch davon abhängen, wie viel Risikovorsorge die Commerzbank ob der andauernden Corona-Pandemie betreiben muss. Die Spanne von 800 Mio. bis 1,2 Mrd. Euro sei relativ breit, räumte sie ein. Ab 2022 soll sich der Wert dann auf 700 Mio. Euro normalisieren, kündigte Orlopp an.

Guter Start und keine Boni

Knof sagte, das Institut sei "sehr gut" ins neue Jahr gestartet. Im zurückliegenden Jahr haben gebuchte Restrukturierungskosten, Wertberichtigungen, eine hohe Risikovorsorge wie auch zurückgehende Erträge für die ersten tiefroten Zahlen seit Jahren gesorgt. In der Folge müssen die Vorstände auf Bonuszahlungen verzichten, sagte Knof.

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"Die Commerzbank braucht eine tiefgreifende Restrukturierung und Transformation. Der Befund ist nicht neu. Neu ist aber, dass wir die Veränderungen jetzt umsetzen – und zwar mit klarer Frist. Dafür stehe ich. (...) Wer mich kennt, weiß, dass ich dabei sehr beharrlich sein werde. Mit halben Sachen gebe ich mich nicht zufrieden", gab sich Knof bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in neuer Rolle kämpferisch.

Schlüssel seines Konzeptes ist auch die Digitalisierung der zweitgrößten deutschen Bank.

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Bedenken, dass regulatorische Vorgaben den weitgehenden Umzug in die Cloud, die für die Bankenwelt ja auch ein Stück weit Neuland sind, verhindern oder zumindest erschweren, hat Knof nicht: "Wir sind regelmäßig im Gespräch mit den Aufsichtsbehören und erwarten da keine Probleme", sagte Knof auf der Online-Pressekonferenz.

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