Ausbildung für Bankkaufleute rückt Kunden und Prozesse in den Mittelpunkt
Die Ausbildungsordnung "Bankkaufmann/-frau 2020" tritt zum 1. August in Kraft. Es ist die erste Überarbeitung seit 1998. Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen.
Zum Start des neuen Ausbildungsjahres am 1. August wird erstmals seit 1998 eine neue Ausbildungsordnung für Bankkauffrauen und -männer gelten. Nach 22 Jahren wird damit die Ausbildung, mit der die meisten Berufseinsteiger bei Banken und Sparkassen starten, digitaler und praxisorientierter.
So wird bei der Ausbildung künftig berücksichtigt, dass manche Tätigkeiten heutzutage deutlich seltener vorkommen als vor 20 Jahren. "Damals hat der Zahlungsverkehr noch eine viel größere Rolle gespielt. Heute ist das im Wesentlichen ein Hintergrundprozess, ohne dass da ein Mensch tätig wird. Diese Kenntnisse braucht man also so nicht mehr - und deshalb wird das zwar noch gelehrt, aber nicht mehr abgeprüft", sagt Ulf Grimmke, Leiter des Bereichs Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik beim Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes, im Gespräch mit FinanzBusiness.
Kunden und Prozesse im Mittelpunkt
Neu ist vor allem, dass sich die Ausbildung jetzt an sogenannten Berufsbildpositionen und konkreten Handlungen ausrichtet und nicht mehr wie zuvor eher an theoretischen Funktionen oder Wissensfeldern. "Das liegt auch daran, wie man Ausbildungsordnungen und Ausbildungsrahmenpläne heute schreibt", erläutert Grimmke.
So wird künftig mehr Wert auf die Beratungskompetenz gelegt: Die entsprechenden Berufsbildoptionen dazu lauten etwa "Serviceleistungen anbieten", "Kunden ganzheitlich beraten" oder auch "Kunden gewinnen und Kundenbeziehungen intensivieren". "Da haben wir tatsächlich den Menschen, den Kunden, in den Mittelpunkt gestellt und haben einen kompletten Beratungsprozess abgebildet - ähnlich wie bei einer Customer Journey", sagt Grimmke.
Wichtiger als bisher sind in Zukunft auch sozio-kulturelle und Sprachkompetenzen im Kundenkontakt. Beratung in einer Fremdsprache wird jedoch nicht verlangt. Das dafür erforderliche Sprachniveau könne weder bei der Ausbildung in der Bank noch auf der Berufsschule vermittelt werden, so Grimmke.
Neuer Prüfungsmodus
Neu ist auch die sogenannte gestreckte Abschlussprüfung. Inhalte aus der Zwischenprüfung nach der ersten Ausbildungshälfte werden dadurch zwar notenrelevant für die Abschlussprüfung, während das Ergebnis der Zwischenprüfung früher für die Endnote keine Rolle spielte. Dafür werden diese Inhalte in der Abschlussprüfung dann nicht noch einmal abgefragt.
Unverändert bleibt für die Bankkaufleute die Ausbildungsdauer von drei Jahren, die jedoch wie bisher auf zweieinhalb oder zwei Jahre verkürzt werden kann. "Das ist bei uns im Wesentlichen von der Schulbildung abhängig", erläutert Grimmke. "Ein klassischer Abiturient macht eine zwei- oder zweieinhalbjährige Ausbildung, ein Realschüler auch eine zweieinhalbjährige. Die dreijährige Ausbildung ist zumindest im privaten Bankgewerbe faktisch gar nicht mehr im Angebot." In etwa 40 Prozent der Fälle sei die Ausbildung nach zwei Jahren abgeschlossen.
Verdi gegen nur zweijährige Ausbildung
Ein Umstand, den die Gewerkschaft Verdi kritisch sieht, denn die Ausbildung wird ihrer Einschätzung nach anspruchsvoller, zumal auch nichts wegfalle. Uta Kupfer, Leiterin des Bereichs Bildungspolitik in der Verdi-Bundesverwaltung in Berlin, sagt dazu: "Es stellt Betriebe, Berufsschulen und nicht zuletzt die Auszubildenden vor erhebliche Anforderungen, die Ausbildungsinhalte in nur zwei Jahren zu vermitteln bzw. diese zu erlernen. Mit der gestreckten Abschlussprüfung rutschen dann auch Teil 1 und Teil 2 der Abschlussprüfung relativ dicht zusammen und der Effekt, dass schon mal ein Teil der Prüfung fertig ist, aber noch genügend Zeit bleibt, um den zweiten Teil vielleicht besser abzuschließen, geht etwas verloren."
Auch Grimmke hält zwei Jahre dann für "ambitioniert", wenn beispielsweise ein Auszubildender, für den eine zweijährige Dauer vorgesehen ist, an seinem Ort auf eine Berufsschule trifft, die nur zweieinhalbjährige Klassen hat. In diesem Fall müsste er das halbe Berufsschuljahr zusammen mit seinem Ausbildungsbetrieb entweder selbst erarbeiten oder eben seine Ausbildung in der Filiale auf zweieinhalb Jahre verlängern.
"Dass es nicht in zwei Jahren durchführbar sein soll, glaube ich aber nicht. Die Ausbildung zum Bankkaufmann, zur Bankkauffrau war schon immer eine der anspruchsvollen - das gilt für die Ausbildungsordnung 1998 genauso wie es für die neue gelten wird", so Grimmke.
Ob die Reform der Ausbildungsordnung dazu beitragen wird, die Attraktivität des Berufsbilds zu steigern, bleibt abzuwarten.
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