Scholz macht neuen Anlauf für Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene

Der Bundesfinanzminister will einen "ersten Schritt zum nötigen Grad der Harmonisierung", einheitliche Regelung ist vom Tisch.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz | Foto: Picture-Alliance/ ZUMA Press
Bundesfinanzminister Olaf Scholz | Foto: Picture-Alliance/ ZUMA Press
dpa; Ulrike Barth

Bundesfinanzminister Olaf Scholz versucht auf europäischer Ebene einen neuen Vorstoß für eine Steuer auf Finanzgeschäfte.

Nachdem er zu Jahresbeginn mit seiner Aktiensteuer bei EU-Kollegen abblitzte, schlägt er nun eine Kompromisslösung vor. Dies geht aus einem Schreiben des SPD-Politikers an EU-Finanzkommissar Paolo Gentiloni hervor, das der dpa vorliegt. Das Bundesfinanzministerium teilte dazu nur mit, die Gespräche über die Steuer liefen, Ziel sei eine schnelle Einigung.

Jahrelanger Streit auf EU-Ebene

Über die Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene seit Jahren gestritten. Scholz hatte bereits vor Monaten gesagt, eine Einigung sei nah, und Einnahmen aus der Steuer zur Finanzierung der Grundrente von 2021 an seien verplant.

Er will, dass beim Kauf von Aktien großer Konzerne 0,2 Prozent des Geschäftswerts an Steuern fällig werden. Das soll dem deutschen Fiskus 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bringen. Doch von Österreich und anderen Staaten kam eine Absage.

In seinem Brief an Gentiloni sprach Scholz erneut von großen Fortschritten. "Wir hoffen, in naher Zukunft eine Vereinbarung schließen zu können", heißt es in dem Schreiben vom 6. April. "Um aber die Verhandlungen erfolgreich abschließen zu können, müssen wir eine Übergangsklausel in den Text aufnehmen."

Keine Anpassung auf nationaler Ebene notwendig

Diese Klausel soll es ermöglichen, dass EU-Staaten im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit bei der Steuer ihre nationale Lösungen vorerst beibehalten können, solange sie "eine Steuer auf den Handel mit Finanzinstrumenten" erheben.

Eine Anpassung der nationalen Regeln wäre somit nicht nötig, allerdings entstünde vorerst auch kein einheitliches Modell für die Finanztransaktionssteuer. Es wäre "ein erster Schritt zum nötigen Grad der Harmonisierung", schrieb Scholz.

DK warnt vor "Alibiprojekt"

Auch die Deutsche Kreditwirtschaft lehnte den Vorstoß von Scholz ab. "Es ist ein Alibiprojekt, das mehr Schaden als Nutzen anrichtet", heißt es in einer Pressemitteilung.

"Für die Finanztransaktionssteuer müssen sowohl bei der Finanzverwaltung als auch bei den Steuerpflichtigen völlig neuartige Prozesse implementiert werden, um die Steuer
erheben und verwalten zu können. Das erscheint in Zeiten der Coronakrise, in denen die Unternehmen mit enormen Belastungen zu kämpfen haben, kontraproduktiv", so die Banken und Sparkassen.

Unternehmen und Sparer sollten von bürokratischen Lasten befreit werden, und der Zugang zu Kapitalmärkten in Europa erleichtert: "Die Finanztransaktionssteuer bewirkt genau das Gegenteil."

Zudem erwartet die DK negative Auswirkungen auf den Kapitalmarkt. Österreich habe bereits erklärt, die
Aktiensteuer nicht mehr zu unterstützen. Zum gleichen Ergebnis sei auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium gekommen. "Dies sollte Anlass genug sein, das Vorhaben endgültig aufzugeben", so die DK.

Kritik aus der Union

Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber kritisierte Scholz' Vorschlag. "Statt einer einheitlichen europäischen Lösung will der Bundesfinanzminister nun ein Nebeneinander unterschiedlicher nationaler Lösungen ermöglichen", sagte Ferber.

Ergebnis wäre ein europäischer Flickenteppich, der der Kapitalmarktunion schaden würde.

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