Experten fordern mehr Unabhängigkeit für die BaFin

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin soll nach Ansicht mehrerer Experten in der Wertpapieraufsicht der Kontrolle des Bundesfinanzministeriums entzogen werden. Stattdessen müsse die Rolle des Bundestags gestärkt werden: Die BaFin soll jährlich dem Bundestag Bericht erstatten und verpflichtet sein, auf Fragen von Abgeordneten einzugehen. Das fordern einem Bericht der Börsen-Zeitung zufolge Juristinnen und Finanzökonomen in einem Positionspapier des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung (SAFE).
"Die gegenwärtige Weisungsgebundenheit der BaFin ist nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Einfallstor für politische Einflussnahme", schreiben sie.
Verhalten im Fall Wirecard
Anlass des Positionspapiers ist das Verhalten der BaFin im Fall Wirecard. Von Februar 2019 bis Juni 2020 habe die Aufsichtsbehörde mehr als 20-mal in dieser Angelegenheit an das Bundesfinanzministerium berichtet. In diesem Zeitraum hatte die BaFin erst das Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien festgelegt, anstatt die Vorwürfe wegen erfundener Kunden und Umsätze, die ab Februar 2019 durch Berichte der Financial Times bekannt wurden, näher zu prüfen. Später hat der Zahlungsdienstleister eine Milliardenlücke eingestehen und Insolvenz anmelden müssen.
Das große Rätselraten um die Befehlskette beim Wirecard-Leerverkaufsverbot
Es sei davon auszugehen, dass die BaFin "im Schatten der Hierarchie" gehandelt habe, schreiben die Experten. Die Exekutive überwacht zwar auch im Ausland die Aufsichtsbehörden, doch das Parlament habe dort zumeist eine stärkere Rolle.
Verwaltungsrat soll ergänzt werden
Der derzeit 17-köpfige Verwaltungsrat der BaFin, in dem Bundesregierung und Bundestag sowie Experten vertreten sind, solle um zwei internationale Vertreter von anderen Wertpapieraufsichtsbehörden ergänzt werden, so der Vorschlag des Positionspapiers. Den Bericht verfasst haben der SAFE-Direktor und Wirtschaftsprofessor Jan Pieter Krahnen, die Staatsrechtsprofessorin Ann-Katrin Kaufhold von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Bankrecht-Professorin Katja Langenbucher vom House of Finance der Frankfurter Goethe-Universität sowie SAFE-Ökonom Patrick Blank, der ebenfalls in Frankfurt sitzt.
Auf Nachfrage der Börsen-Zeitung betonte das Bundesfinanzministerium, es werde sich "im Zusammenhang mit der Reform der Finanzaufsicht auch mit der Frage einer möglichen Anpassung beschäftigen und sich auch mit den Gremien der BaFin zu möglichen Anpassungen der Grundsätze der Rechts- und Fachaufsicht austauschen."