Staatsanwaltschaft Köln führt über 70 Deutschbanker als Beschuldigte in Cum-Ex-Komplex

Auch Mitarbeiter der Deutschen Bank müssen sich wohl perspektivisch auf einen Cum-Ex-Prozess einstellen. Wie das Handelsblatt berichtet, sollen sich die Verdachtsmomente gegenüber 70 Mitarbeitern der Bank noch einmal erhärtet haben.
Die Zeitung zitiert aus Justizakten, die die Bank zusätzlich belasten. Kernstück sei ein internes Papier aus dem Frühjahr 2007. Unter dem Titel „German Listed Derivative Arbitrage Trade“ beschreiben darin Bankmitarbeiter, wie die die Geschäfte auf Kosten des Fiskus funktionieren: "Am Ende zahlen die deutschen Steuerbehörden eine Steuer zurück, die nie gezahlt worden ist", schrieb ein Steuerexperte aus London.
Ex-Vorstände im Visier
Besonders im Fokus stehen bei den neuen Erkenntnissen wohl der ehemalige Investmentbankchef Garth Ritchie, einst Vize-Chef des Instituts. Neben ihm sollen aber auch der ehemalige Vorstandschefs Josef Ackermann sowie der einstige Co-CEO Anshu Jain zum Kreis der Beschuldigten gehören. Käme es zu einem Strafverfahren, könnten den ehemaligen Vorständen Haftstrafen und der Bank hohe Strafgelder drohen.
Spätestens seit dem Sommer 2019 sind die Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft in Richtung Deutsche Bank und insbesondere gegen Ritchie bereits bekannt, so der Bericht. Ritchie lebt heute in London und führt dort die Sparten Kapitalmärkte und Beratung dort bei der Investmentfirma Centricus Asset Management.
Die Cum-Ex-Geschäfte der Deutschen Bank sollen laut den Gerichtsakten, aus denen das Handelsblatt zitiert, bis ins Jahr 2004 zurückreichen. Im Januar habe ein Londoner Mitarbeiter in einer internen Mail dabei die wahre Natur der Cum-Ex-Geschäfte eindeutig bewertet: "Ich denke, es ist einfach … es fehlt an einem Einbehalt von Kapitalertragsteuer und jede entsprechende Geltendmachung wäre ,betrügerisch'!".
Trotzdem machte die Bank mit den Geschäften weiter, beraten wurde sie dabei von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.
Deutsche Bank spricht von "zurückhaltendem" Cum-Ex-Ansatz
Die Deutsche Bank selbst hat bislang in Stellungnahmen zu ihren Cum-Ex-Transkationen von einem "zurückhaltenden Geschäftsansatz" gesprochen, im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern habe man keine eigenen Cum/Ex-Geschäfte getätigt.
"Wir haben in der Vergangenheit jedoch schon immer gesagt, dass die Deutsche Bank in Cum-Ex-Geschäfte von Kunden eingebunden war. Dies beinhaltete auch Bankdienstleistungen wie beispielsweise die Finanzierung von Wertpapiertransaktionen. Diese Finanzierungen sieht die Deutsche Bank heute auch kritisch und kooperiert mit den Untersuchungen der Ermittlungsbehörden hierzu“, hieß es dazu aus der Bank.
Klagen der M.M. Warburg
Zivilrechtlich wird die Deutsche Bank allerdings von einem ehemaligen Kunden mittlerweile angegangen. So hat die Privatbank M.M. Warburg bereits die zweite Klage gegen das Institut auf den Weg gebracht. Einen erster Prozess gab es bereits vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, eine zweite Klage hat die Bank gegen ehemalige Berater und Partner zuletzt vor dem Landgericht Hamburg eingereicht.
M.M.Warburg & CO klagt gegen Ex-Berater wegen der Cum-Ex-Geschäfte
Warburg vs. Deutsche Bank: Der Cum-Ex-Streit wird wohl weiter gehen
"Auch die neue Klage von Warburg halten wir für substanzlos und für einen weiteren Versuch, von der eigenen Verantwortung in Sachen Cum/Ex abzulenken", kommentiert ein Deutsche Bank-Sprecher diesen Versuch. Die Deutsche Bank sei zuversichtlich, dass Warburg auch hier wie zuletzt mit der Klage vor dem LG Frankfurt scheitern werde.