Auch die Stadtsparkasse München bekommt wegen der Kündigung langfristiger Sparverträge Ärger

"Die Stadtsparkasse München kommt ihren Kundinnen und Kunden weiterhin nicht entgegen, obwohl aus Sicht der Verbraucherzentrale die Zinsen falsch berechnet wurden", sagt Sebastian Reiling, Referent beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Mit diesen Worten begründet die Verbaucherschützer in einer Mitteilung ihre Entscheidung, mit einer Musterklage gegen das Institut vorzugehen. Der Dachverband unterstützt die Verbraucherzentrale Bayern in der Sache.
Es geht um langfristige Sparverträge, die aus Sicht der Verbraucherschützer nicht korrekt verzinst und zu unrecht gekündigt wurden. Kunden, die bei der Stadtsparkasse München einen Sparvertrag "Prämiensparen flexibel" abgeschlossen haben, können sich der Klage nun kostenfrei anschließen.
So funktioniert die Musterfeststellungsklage
Allerdings weisen die Verbraucherschützer darauf hin, dass bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich des Wortlauts der Zinsanpassungsklausel und der Prämienstaffel erfüllt sein müssen.
Ursprünglich waren die Verträge eher niedrig verzinst, aus heutiger Sicht bieten sie im Nullzins-Umfeld aber aufgrund der Prämien eine attraktive Rendite, weshalb Sparkassen - und zwar nicht nur in München - die für sie mittlerweile unattraktiven Verträge auch loswerden wollten.
Langfristige Verzinsung wird zum Problem
Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2019 nutzen viele von ihnen die Chance, solche Verträge zu kündigen. Denn die Karlsruher Richter hatten ein grundsätzliches Kündigungsrecht nach Erreichen der höchsten Prämienstufe bestätigt und betrachteten das Niedrig- und Negativzinsumfeld als sachgerechten Kündigungsgrund.
"Ein Ende der lang anhaltenden Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht. Die Stadtsparkasse München kann auf Dauer keine Zinsen zahlen, die am Kapitalmarkt nicht mehr erzielt werden und daher nicht mehr marktgerecht sind", erklärt Joachim Fröhler, Sprecher der Stadtsparkasse München auf Nachfrage von FinanzBusiness die Sicht seines Hauses auf das Thema.
Daher hätte die Stadtsparkasse ihr ordentliches Kündigungsrecht, genutzt und unbefristete Prämiensparverträge, die den Höchstprämiensatz nach 15 Jahren Laufzeit erreicht haben, unter Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist beendet.
"Den Verbrauchern wurde durch die Kündigung die Chance auf erhebliche Prämienzahlungen für die Zukunft genommen", sagt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern dazu. "Und es müssen den Sparern endlich die zustehenden Zinsen ausgezahlt werden." Nach den Berechnungen der Verbraucherschützer geht es dabei durchschnittlich um eine Anspruch von mehr als 4600 Euro pro Vertrag.
Stadtsparkasse: Zinsberechnung war korrekt
In der Stadtsparkasse München kennt man zwar das Thema, aber (noch) nicht die Musterklage der Verbraucherschützer. "Diese Klage liegt uns noch nicht vor", so der Sprecher. Daher könne man sich auch noch nicht dazu äussern.
Aber: "Die von Ihnen mitgeteilte Auffassung der Verbraucherzentrale, wonach sich unser Haus bei S-Prämiensparverträgen-flexibel in der Vergangenheit zu geringe Zinsen berechnet habe, erachten wir als unzutreffend", heißt es aus der Sparkasse. "Wir sind der Ansicht, dass unser Haus die höchstrichterlichen Vorgaben bei der Zinsberechnung vollständig umgesetzt hat."
Bislang waren Verbraucherschützer im Osten aktiv
Klagten Kunden auf eigene Faust gegen die Kündigung, waren sie bislang nicht erfolgreich. So wurden laut dem Sparkassen-Sprecher "ausnahmslos alle gegen unsere Kündigungen gerichteten Klagen abgewiesen".
Doch das könnte sich mit der Musterklage ändern, wie Beispiele aus Sachsen zeigen. Dort wurden bislang laut dem Klageregister des Bundes sieben solcher Verfahren angestrengt. Auch in Bayern ist bereits ein Verfahren gegen die Sparkasse Nürnberg regristriert. In den Verfahren gegen die Sparkasse Leipzig und die Sparkasse Zwickau liegen bereits Urteile des Oberlandesgerichts Dresden vor.
Über deren Deutung besteht allerdings in beiden Lagern Uneinigkeit: Während die Verbraucherschützer die Urteile als Siege verbuchen, weist unter anderem der Ostdeutsche Sparkassenverband darauf hin, dass viele Punkte, die etwa die konkrete Zinsberechnung betreffen, vom Gericht abgewiesen oder gar nicht behandelt worden seien. Eine Klärung, wie die Zinsberechnung denn nun korrekt zu erfolgen hat, wird wohl erst der BGH herbeiführen können.