Cum-Ex-Prozess in Wiesbaden wird verschoben

Ein lang erwarteter Prozess gegen mutmaßliche Steuerhinterzieher, die mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften Kasse auf Kosten des Staates machten, startet erst im Januar. Die wichtigsten Akteure hätten aber ohnehin gefehlt.
Das hessische Landgericht in Wiesbaden. | Foto: picture alliance / dpa
Das hessische Landgericht in Wiesbaden. | Foto: picture alliance / dpa

Der langerwartete Cum-Ex-Prozess in Wiesbaden wird nicht mehr in diesem Jahr starten. Das teilte das Landgericht Wiesbaden heute mit.

"Aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage" wird das Verfahren zum Schutz der Verfahrensbeteiligten verschoben. Das Verfahren gegen den in Neuseeland wohnenden Paul Mora wird zudem abgetrennt.

Damit beginnt der Prozess, in dem es um die Aufklärung sogenannter Cum-Ex-Geschäfte gehen soll, fast ein Jahr später als ursprünglich geplant. Eigentlich sollte es schon im ersten Quartal 2020 los gehen. Doch dann kam die Corona-Pandemie dazwischen. Nun war für den 20. Oktober der erste Verhandlungstermin angesetzt - und erneut macht das Covid-19-Virus den Strafverfolgern einen Strich durch die Rechnung.

Angeklagte wären ohnehin nicht erschienen

Allerdings hätte die wichtigsten Personen ohnehin gefehlt, wenn es plangemäß am 20. Oktober losgegangen wäre. Sowohl Hanno Berger als auch Paul Mora hatten im Vorfeld bereits angekündigt, nicht persönlich vor Gericht erscheinen zu wollen.

Berger gab für sein Fernbleiben in Wiesbaden laut Presseberichten gesundheitliche Gründe an. Der mittlerweile in der Schweiz lebende ehemalige Staranwalt sei zu krank, um zum Prozess nach Deutschland zu reisen. Berger gilt vielen Beobachtern als "Mastermind" hinter der Cum-Ex-Strukturen - entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Aufklärung, die der Prozess in Wiesbaden bringen könnte.

Auch Paul Mora, einst Chef der HVB-London Desk hatte bereits kundgetan, dem Prozess lieber fern bleiben zu wollen. Der gebürtige Neuseeländer lebt derzeit in seinem Heimatland. Dass das Verfahren gegen ihn nun abgetrennt wird, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Strafverfolger ihn mit einem internationalen Haftbefehl zur Teilnahme an einem Prozess zwingen wollen.

Fast 14 Jahre bis zum Prozess

Die Taten liegen fast schon 14 Jahre zurück, entsprechend schwer tat sich die Staatsanwaltschaft damit, überhaupt Anklage zu erheben. Inhaltlich geht es um Geschäfte rund um den Dividendenstichtag, die der 2013 verstorbene Milliardär Rafael Roth über die Hypovereinsbank (HVB) abgewickelt hatte. Dabei ließen sich die Beteiligten die einmal erstattete Kapitalertragssteuer mehrfach vom Fiskus erstatten.

Erst im Dezember 2019 hatte das Landgericht Wiesbaden die Anklage gegen Berger & Co zugelassen - knapp zwei Jahre nachdem sie von der Staatsanwaltschaft erhoben wurde.

Von ursprünglich acht Beschuldigten sind nach langer Ermittlungszeit ohnehin nur noch sechs übrig: Das Verfahren gegen einen Steuerexperten der HVB wurde eingestellt, der angeklagte Investor Raphael Roth ist verstorben.

Kronzeugen erneut auf der Anklagebank

Das Verfahren ist erst der zweite Strafprozess in Deutschland, in dem die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte aufgearbeitet werden. Im März hatte das Bonner Landgericht in einem ähnlichen Fall bereits ein erstes Urteil gesprochen.

Auf der Anklagebank werden nun Ende Januar neben zwei Ex-HVB-Bankern aus München daher ausgerechnet zwei Beschuldigte Platz nehmen, die sich im erstem Cum-Ex-Strafprozess in Bonn bereits den Richtern gestellt haben - und dort maßgeblich zur Aufklärung der Steuer-Deals beigetragen hatten: Die beiden ehemaligen HVB-Aktienhändler Martin S. und Nick D.

Für den Wiesbadener Prozess gegen die sechs Angeklagten will das Gericht extra eine Leichtbauhalle errichten lassen. Um den wegen Corona nötigen Abstand wahren zu können - und, weil das öffentliche Interesse so groß ist. Nächster Starttermin: Der 28. Januar 2021.

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