Banken sollten ihre Kunden besser nicht mehr für träge halten, rät ein Strategieberater

Das Strategieberatungsunternehmen Simon-Kucher hat sich in einer aktuellen Studie der Frage gewidmet, wie sich das Kundenverhalten durch die lange Phase der Zinsabstinenz verändert hat. Aber nicht nur das. Die Macher der Studie haben versucht, zu ergründen, welche Wachstumschancen sich für die Banken dadurch ergeben.
So seien neue Medien und Wettbewerber im Bewusstsein nahezu aller Privatkunden angekommen und inzwischen fester Bestandteil der Entscheidungsfindung, wie es in einer Mitteilung zum Thema heißt. ”Trägheitsannahmen früherer Jahre, insbesondere im Einlagengeschäft, sollten demnach nur mit äußerster Vorsicht auf künftige Verhaltensprognosen der eigenen Kundschaft übertragen werden”, rät deshalb Steffen Ulitzka, Partner im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher.
Vier Kundensegmente identifiziert
Mithilfe statistischer Verfahren hat man vier Kundensegmente identifiziert: ”Vermögende Finanzprofis”, ”Aufstrebende Anleger”, ”Risikoscheue Interessierte” und ”Konservative Verwahrer”. Die Strategen raten zu einer differenzierten Marktbearbeitung. ”Die in vielen Banken rein an soziodemografischen Kriterien vorgenommene Markt- und Kundensegmentierung lässt erkennen, dass in manchen Segmenten ein vorhandener Bedarf noch nicht ausreichend adressiert wird”, sagt Ulitzka.
Konkret bedeute dies: Das Segment der ’Risikoscheuen Interessierten’ verfüge durchaus über Interesse am Wertpapiergeschäft, jedoch gaben ”nur etwas mehr als 30 Prozent dieser Kunden an, jemals zu diesem Thema angesprochen worden zu sein”, sagt Steven Kiefer, Director im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher in der Mitteilung.
Einlagen als klassisches Fremdgehprodukt
Das Einlagengeschäft gewinnt demnach für die Bearbeitung der Segmente an Bedeutung. Hier gebe es unterschiedliche Bedarfe und Erwartungshaltungen. Ebenso zeige die Erfahrung, ”dass Einlagen ein klassisches ’Fremdgehprodukt’ abseits der eigenen Hausbankbeziehung darstellten, welches von neuen Wettbewerbern vergleichsweise einfach zur Neukundengewinnung eingesetzt werden kann”. So gebe nahezu jeder dritte Regionalbankkunde an, eine bestehende Zweitbankverbindung hauptsächlich für die Verwaltung von Einlagen zu nutzen, erklärt Ulitzka.
Gerade das Entscheidungsverhalten bei Einlagenprodukten folge nur in seltenen Fällen streng rationalen Regeln. Abstrakte Sicherheitsbedürfnisse dominierten demnach das Kundenverhalten in nahezu allen Segmenten wesentlich stärker als das Streben nach einer möglichst hohen Verzinsung. Allzu einfach sollten es sich die Banken aber nicht machen: Werden diese Bedürfnisse nicht adressiert, verbleibe dann letztlich doch nur der Preis als einzige Entscheidungsgröße.
Zahlungsbereitschaft für innovative Konzepte
Denn: Gerade für innovative Konzepte im Einlagengeschäft existierten enorme Zahlungsbereitschaften, welche gerade von Regionalbanken noch deutlich stärker abgeschöpft werden könnten, haben die Macher der Studie festgestellt. ”Aufgrund der gestiegenen Markttransparenz dürfte dies in Zukunft gar eine zwingende Anforderung darstellen”, vermutet Steven Kiefer.
Dies gelte insbesondere, wenn das Einlagengeschäft nicht zur Kannibalisierung, sondern zur Förderung des Wertpapiergeschäftes eingesetzt werden solle. Denn: Ebenso wie bei Einlagen zeige die Studie auch hier eine klare Präferenz der Kundschaft zu alternativen Preismodellen im Wertpapiergeschäft.
2000 Finanzentscheider befragt
Im Rahmen der Studie wurden 2000 Finanzentscheider in einer repräsentativen Erhebung zu ihrem Kauf- und Entscheidungsverhalten befragt. Der Fokus der Studie lag auf allen relevanten Produktfeldern im Privatkundengeschäft mit Ausnahme des Kreditbereiches.