SVB-Pleite sendet Schockwellen auch nach Europa aus

Der Niedergang der Silicon Valley Bank (SVB) hat am Wochenende weltweit Sorge vor weiteren Zusammenbrüchen geschürt. Start-Up-Unternehmen zittern um ihre Existenz. Die Auswirkungen auf deutsche Banken dürften jedoch überschaubar bleiben.
Logo der Silicon Valley Bank. picture alliance / NurPhoto | Jaap Arriens
Logo der Silicon Valley Bank. picture alliance / NurPhoto | Jaap Arriens
Reuters, dpa, Markus Lachmann

Die Pleite des Start-Up-Finanzierers Silicon Vally Bank hat am Wochenende Schockwellen auch nach Europa ausgesandt. Unterdessen versuchen die Behörden in den USA und im stärker betroffenen Großbritannien, die Auswirkungen in den Griff zu bekommen. 

Biden: Verantwortliche für Schlamassel zur Rechenschaft ziehen

US-Präsident Joe Biden kündigte an, Aufsicht und Regulierung großer Banken zu verstärken. ”Ich bin fest entschlossen, die Verantwortlichen für diesen Schlamassel zur Rechenschaft zu ziehen und unsere Bemühungen um eine stärkere Aufsicht und Regulierung größerer Banken fortzusetzen, damit wir nicht wieder in eine solche Lage geraten”, teilt Biden mit.

Am Sonntag schlossen die US-Regulierer eine weitere Bank. Die in New York ansässige Signature Bank werde dicht gemacht, teilten die zuständigen Behörden mit. Die Kunden sollen ihre Gelder in vollen Umfang wiederbekommen. Dem Steuerzahler würden dadurch keine Verluste aufgebürdet. Der US-Einlagensicherungsfonds FDIC solle als Verwalter des Geldhauses fungieren. Die Einlagen beliefen sich per 8. März auf rund 89 Mrd. Dollar. 

Unterdessen versuchen US-Behörden die Anleger mit einer Reihe von Maßnahmen zu beruhigen. Sämtliche Einlagen bei dem auf die Finanzierung von Technologiefirmen spezialisierten Geldhaus sollen geschützt werden, wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), der Einlagensicherungsfonds FDIC und das Finanzministerium mitteilten. Die Kunden könnten ab heute auf ihr Geld zugreifen. Der Steuerzahler soll keine Verluste im Zusammenhang mit der Abwicklung der Silicon Valley Bank tragen müssen. In den USA sind Einlagen eigentlich nur bis zu einer Obergrenze von 250.000 Dollar abgesichert.

Die Fed will den Banken außerdem zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung stellen. Dies soll über ein neues Programm realisiert werden, das den Instituten Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr anbietet. Experten machen die starken Zinserhöhungen in den USA mitverantwortlich für die Probleme der SVB.

Die jüngsten Schockwellen auf den internationalen Finanzmärkten sind aus Sicht von Bankenexperten übertrieben. Die Ereignisse in Kalifornien stellten ein ”Musterbeispiel für eine unangemessene Panikreaktion der Aktienmärkte” dar, sagte Rainhard Schmidt von der Goethe-Universität in Frankfurt.

”Der Kurssturz war unangebracht, weil die Silicon Valley Bank ein sehr spezielles Geschäftsmodell verfolgt, das wirklich keine Ähnlichkeiten zu denen fast aller Banken der meisten Länder aufweist”, sagte der Ökonomie-Professor. Es bestehe also kein Systemrisiko und kein Grund zu weiterreichenden Befürchtungen. ”Die schnelle weitgehende Kurserholung war vollauf gerechtfertigt.”

Ähnlich äußerte sich Finanzmarktexperte Wolfgang Gerke. ”Die SVB Bank gefährdet nicht den internationalen Kapitalmarkt. Ihr Klumpenrisiko aus der Start-Up-Finanzierung ist untypisch für den Bankensektor”, sagte der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums. ”Deutsche Banken sind mit ihren Eigenkapitalpuffern und Geschäftsmodellen stabil aufgestellt. Gefahren in den USA drohen aus den großen Anleiheportfolios kleinerer Banken”, betonte der Ökonomie-Professor.

Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hieß es auf Anfrage: ”Wir haben die aktuellen Entwicklungen im Blick und berücksichtigen sie im Rahmen unserer laufenden Aufsicht.”

Einlagen Kern des Problems

”Die Silicon Valley Bank ist nicht etwa wegen notleidender Kredite in die Krise geraten”, schrieb Andreas Walter, der an der Frankfurt School of Finance & Management lehrt, auf LinkedIn. ”Das Kernproblem waren wohl die signifikanten Einlagen der rund 38.000, gut finanzierten Start-up-Kunden der Bank, die – mangels ausreichender Kreditnachfrage – in Wertpapiere und nicht etwa Kredite oder andere Bankprodukte investiert wurden.”

Walter weiter: ”Anders als die europäischen Banken hatte die Silicon Valley Bank keinen aufsichtsrechtlich vorgegeben Mindestbestand hochliquider Aktiva (#LCR). Entsprechend reichte die Liquidität nicht aus, um den ansteigenden Abzug der Kundeneinlagen befrieden zu können (#Bankrun). Auch aus dem held to maturity-Portfolio (Anleihen etc.) konnte offenbar nicht schnell genug Liquidität bereitgestellt werden, weil die Veräußerung aufgrund der aktuell schwächeren Marktpreise unmittelbar zu einer Überschuldung der Bank geführt hätte. ”

Die SVB - ein Einzelfall?

”Noch scheint die Silicon Valley Bank ein Einzelfall zu sein”, betonte auch Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. ”Aber wie groß die Ansteckungsgefahren unter Banken sind, das haben frühere Krisen gezeigt. Deshalb reagieren Anlegerinnen und Anleger so sensibel auf die Nachrichten aus Kalifornien.” Auch ein anderer Händler sprach eher von einem Stimmungsdämpfer. Ein direkter Fingerzeig für den Sektor seien die Probleme der SVB dagegen nicht.

Joachim Klement von der Investmentbank Liberum Capital sprach von wachsenden Ängsten vor einer Kreditklemme. Allerdings geht auch er nicht davon aus, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt. Das US-Institut habe ein sehr spezielles Geschäftsmodell und sei auf Wagniskapital sowie die Finanzierung junger Wachstumsunternehmen spezialisiert. Das sei innerhalb der Bankenszene ziemlich einmalig. Notleidende Kredite dürften im laufenden Jahr zwar zunehmen, aber die Reserven der Banken in Europa und den USA seien ausreichend, um Probleme aufzufangen.

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