Unternehmen warnen vor Rezession
Viele Banken betonen nach dem Ende des ersten Halbjahres, man habe alles im Griff und die eigene Risikovorsorge längst neu justiert – in der Wirtschaft jedoch werden die Probleme nicht kleiner: Das Geschäftsklima kühlt deutlich ab.
Die Stimmung bei Soloselbständigen und den Chefs von Kleinstunternehmen hat sich im Juli merklich verschlechtert. Der Geschäftsklimaindex brach um 11,0 auf minus 12,1 Punkte ein, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte.
”Die Soloselbständigen können sich dem negativen Sog der Gesamtwirtschaft nicht entziehen”, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, mit Blick auf drohende Energiekrise infolge des russischen Ukraine-Krieges, Rezessionsgefahren und hoher Inflation. ”Auch hier macht sich verstärkt Pessimismus breit.”
Die im März begonnene positive Entwicklung hat damit ein abruptes Ende gefunden: Der Indikator fiel auf den niedrigsten Stand seit Umfragebeginn im August 2021.
Dienstleister bleiben im Plus
Die Unternehmen waren weniger zufrieden mit ihren laufenden Geschäften. Am besten stehen hier noch die Dienstleister da: Dort liegt der entsprechende Indikator mit 17,7 Punkten noch deutlich im Plus, nach 23,6 im Juni. Viele Einzelhändler leiden derweil unter der hohen Inflation, die an der Kaufkraft ihrer Kunden nagt - die Erwartungen sind entsprechend eingebrochen und von deutlichem Pessimismus geprägt.
”Viele Kleinstunternehmen und Soloselbständige fürchten, dass die Zurückhaltung und Unsicherheit unter den größeren Unternehmen zu weniger Aufträgen führen”, sagte Wohlrabe.
Trotz höherer Unsicherheit halten viele Kleinstunternehmen Preiserhöhungen für unvermeidlich: Etwa jeder Zweite hat angekündigt, die Preise in den kommenden drei Monaten zu erhöhen.
Mittelstand erlebt Stimmungstief
Dass sie mit ihren Annahmen zur Lage bei den größeren Unternehmen nicht falsch liegen, zeigte bereits das für den Juli vom Ifo-Institut und der KfW veröffentlichte Mittelstandsbarometer. Das Fazit lautete: Nach einer kurzen Phase der Stabilisierung im Frühjahr befinde sich das mittelständische Geschäftsklima zu Beginn des Sommerquartals wieder im Sinkflug.
Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, erklärt, die Entwicklung betreffe Unternehmen aus allen Branchen und Größenklassen. Sollten die Energiekrise anhalten, drohten zusätzliche Kaufkraftverluste durch massiv steigende Heizkosten.
”Der einzige Hoffnungsanker sind derzeit die noch sehr hohen Auftragsbestände im Verarbeitenden Gewerbe und die laut einigen Indikatoren etwas nachlassenden globalen Lieferengpässe”, urteilt Köhler-Geib. ”Mit einer sich eintrübenden Weltkonjunktur wächst jedoch die Gefahr von Stornierungen und die Angebotskrise könnte von einer Nachfrageschwäche abgelöst werden.“
Daten aus dem KfW-info-Mittelstandsbarometer für Juli 2022:
- Das Barometer sank um 9,5 Zähler auf -15,3 Saldenpunkte – verlor damit nach Rechnung der Förderbank „fast das Vierfache einer üblichen Monatsveränderung“.
- Die schon seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs sehr pessimistischen Geschäftserwartungen gingen nochmal um 12,7 Zähler zurück. Sie seien „mit den jetzt erreichten -34,8 Saldenpunkten so negativ wie bisher nur vor großen Rezessionen“, heißt es.
- Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sackt zwar ebenfalls (um 5,3 Zähler), liege „aber immerhin noch über der Nulllinie, die den langfristigen Durchschnitt markiert“.
Laut KfW nähert sich das mittelständische Geschäftsklima damit nun dem der Großunternehmen an: „Mit einem Rückgang um 2,9 Zähler auf -19,3 Saldenpunkte ist die Stimmung in den Großunternehmen aber weiterhin noch schlechter als im Mittelstand.“