
Der Krieg in der Ukraine und die Zinswende erhöhen die Unsicherheiten in den Banken. Die EZB schaut sich daher derzeit genau an, wie die aktuellen Zins- und Kreditspread-Schocks auf die Großbanken in der Eurozone wirken. ”Diesem Bereich widmen wir uns zurzeit mit hoher Priorität. Wir führen deshalb gezielte Überprüfungen durch und stehen gegebenenfalls in engem Kontakt mit den Banken hinsichtlich ihrer Staatsanleihebestände“, erklärt Elizabeth McCaul, Vertreterin der EZB im Supervisory Board der europäischen Bankenaufsicht, im Interview mit der ”Börsen-Zeitung”.
Aufgrund der steigenden Risikoaufschläge für Staatsanleihen hatte die EZB zuletzt das ”Transmission Protection Instrument” eingeführt, um den Anstieg der Spreads von Staatsanleihen zu dämpfen.
Wir führen gezielte Überprüfungen durch und stehen gegebenenfalls in engem Kontakt mit den Banken hinsichtlich ihrer Staatsanleihebestände.
Insgesamt sei der Bankensektor mit starken Kapital- und Liquiditätspositionen in das Jahr 2022 gegangen, berichtet McCaul. Die direkten Engagements gegenüber Russland und der Ukraine seien relativ begrenzt. ”Gleichzeitig sind die Rohstoffmärkte durch die Krise unter zusätzlichen Druck geraten. Die Volatilität war hoch, und wir hatten Sorgen wegen Nachschussforderungen, Margin Calls, sowie der Auswirkungen auf das Funktionieren des Markts insgesamt.”
Als man feststellte, dass es zu solchen Nachschussforderungen kam, seien diese Sorgen in den Vordergrund gerückt. ”Die Volatilität ist etwas zurückgegangen, aber die Preise sind immer noch deutlich erhöht”, resümiert McCaul.
Kreditrisikoanalyse im Markt für Leveraged Loans
Sorgen bereitet der EZB auch der Markt für Leveraged Loans, der in den vergangenen zehn Jahren exponentiell gewachsen ist, nun aber angesichts des Kriegs gegen die Ukraine unter Druck gerät, denn die Emissionsaktivitäten haben sich deutlich reduziert.
Man fordere die Banken daher auf eine Kreditrisikoanalyse nach dem ”Look-through”-Ansatz durchzuführen, um zu erkennen, wo Anpassungen erforderlich sein könnten. ”Es geht darum sicherzustellen, dass die Institute verstehen, was sie in ihren Büchern haben. Wo werden sie Bestände abbauen können? Wie gelangen sie in dieser Frage zu mehr Klarheit?”, sagte McCaul der Zeitung. Mangelndes Anlegerinteresse bedeute, ”dass die Banken weniger Möglichkeiten haben, die Leveraged-Finance-Bestände abzubauen“.
Dem Klimastresstest fehlen die Daten
Beim Thema EZB-Klimastresstest hält sie vor allem die Datenlage für verbesserungswürdig. ”Die Ergebnisse des Stresstests zeigen, dass wir darauf drängen müssen, dass die Datenlage, die Informationen und die Risikomanagementprozesse verbessert werden”, sagte die Aufseherin. Denn bei rund 70 Prozent der Banken beruhten die Angaben zu den Emissionen auf Näherungswerten anstatt auf konkreten Energieeffizienzdaten. ”Und dies sind Daten, die von fundamentaler Bedeutung sein werden, um die mit Klimarisiken verbundenen Aspekte des Kreditrisikomanagements zu verstehen.”
Die Ergebnisse des Stresstests zeigen, dass wir darauf drängen müssen, dass die Datenlage, die Informationen und die Risikomanagementprozesse verbessert werden.
Angesichts der Verwerfungen im Kryptosektor plädiert die Aufseherin für strengere Regeln, wenn Finanzinstitute Anlagen oder Geschäfte in Kryptoassets tätigen. Sie erwarte, dass ”sie Governance-Strukturen, interne Kontrollmechanismen und Berichtssysteme einrichten werden müssen, die geeignet sind, die Besonderheiten und das Risikoprofil der Geschäfte widerzuspiegeln.”
Zudem sollte der ICAAP, also der bankinterne Prozess zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung im Rahmen des SREP (Supervisory Review and Evaluation Process), erweitert werden, um das mit Krypto-Assets verbundene Risiko zu berücksichtigen. Es könne zu einem Bilanzrisiko kommen, wenn sich die Banken stärker an diesen Geschäften beteiligen. ”Daher müssen diese Geschäfte meiner Meinung nach letztlich reguliert werden”, sagt McCaul.
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