Angebot der Sparkasse Aachen ruft Verbraucherschützer auf den Plan

Prämiensparer dürfen eine Nachzahlung ihrer Sparkasse erwarten - doch wie hoch die ausfallen wird, das wird aktuell noch in einer Sammelklage geklärt. Ein Einzelurteil ist schon gefallen - Grund genug für die Sparkasse Aachen, ihren Kunden bereits ein Angebot zu machen.
Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Joko | Bildagentur-online/Joko
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Die Sparkasse Aachen bietet ihren Prämiensparkunden eine Zinsnachzahlung an. Was sich erst einmal gut anhört, hat aber die Verbraucherzentrale NRW auf den Plan gerufen. Denn ja, Prämiensparern steht laut dem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden eine Nachzahlung zu - doch die Rechnung des Gerichts falle niedriger aus als die der Verbraucherschützer, sagt der Referent für Bank- und Kapitalmarktrecht, David Riechmann, von der Verbraucherzentrale NRW.

Zinsnachzahlungen könnten sich in etwa halbieren, sagt Michael Hummel

”Ich würde abwarten und mich davor hüten, das Angebot auf der Grundlage einer Einzelfallentscheidung zu akzeptieren. Generell rate ich davon ab zuzustimmen, ohne zu wissen, worauf man verzichtet.” Denn das Urteil der Sammelklage stehe noch aus. ”Und es ist keinerlei Eile geboten. Eine Verjährung der Ansprüche droht nicht. Selbst nach einer Kündigung, die in Aachen nicht im Raum steht, haben die Kunden noch drei Jahre das Recht, eine Nachberechnung und Nachzahlung ihrer Zinsen zu verlangen.”

Die Verbraucherzentrale NRW vermutet, Banken wollten mit solchen Angeboten kurz vor der Klärung der letzten Fragen ihr Risiko minimieren. ”Es ist durchaus möglich, dass einzelne Kunden mit dem Angebot der Bank besser fahren als mit einer Einzelberechnung. Aber ich würde nicht leichtfertig der Bank glauben, dass sie im Interesse der Kunden handelt”, sagt Riechmann.

Erich Timmermanns, Sprecher der Sparkasse Aachen, sieht das anders: ”Wir gehen davon aus, dass die weitaus überwiegende Zahl unser Kundinnen und Kunden mit ihren Sparverträgen, den sehr hohen Prämien und auch der erfolgten Grundverzinsung vollkommen zufrieden war – unabhängig davon, ob die Berechnung der Grundverzinsung gerichtlich als formal nicht ausreichend bewertet wird.”

Auch gehe man davon aus, dass viele Kundinnen und Kunden das Angebot dankbar annehmen würden und die gerichtlich festgestellte vertragliche Lücke durch eine neue Vereinbarung schließen würden. ”Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 6. Oktober 2021 das Verfahren für die Ermittlung der Grundverzinsung von Sparverträgen festgelegt, die Entscheidung über einen Referenzzins aber an das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zurückverwiesen”, sagt er. Hier stehe eine Entscheidung noch aus. Allerdings gebe es ein richtungsweisendes Urteil über den Referenzzins vom OLG Dresden. ”Ein von dieser Entscheidung abweichendes Urteil ist nicht zu erwarten.”

Hier widerspricht Riechmann der Auskunft der Sparkasse Aachen: Der für die Zinsnachzahlung geltende Referenzzinssatz sei am 13. April vom Oberlandesgericht (OLG) Dresden festgelegt worden, stimme so nicht. ”Bei diesem Urteil handelt es sich lediglich um das erste OLG-Urteil nach der Klage eines einzelnen Betroffenen. Es ergab einen für die Sparkassen günstigeren Maßstab, als die Verbraucherzentrale ihn aus Sicht der Kundinnen und Kunden für richtig halten.”

Das noch ausstehende Urteil im Musterfeststellungsprozess und das von der Sparkasse Aachen als Bezug genommene Urteil vom 13. April 2022 haben laut Timmermanns allerdings generell keine unmittelbare Bindungswirkung für sein Institut, da die Bank bei keinem der beiden Verfahren beteiligte Partei ist. ”Die Rechtsprechung dient allerdings naturgemäß als Maßstab für die Rechtmäßigkeit unseres Handelns, so auch für die Festlegung ,unseres’ Referenzzinssatzes.”

Das Urteil stelle keinesfalls eine geringwertigere Orientierungshilfe dar, als die noch ausstehende Entscheidung im Musterfeststellungsprozess, stellt Timmermanns klar. ”Insofern kann nicht davon gesprochen werden, wir hätten unseren Kunden einen Zinsausgleich angeboten, obwohl das Urteil noch ausstehe.” Zudem sei gegen die Sparkasse Aachen kein Verfahren in diesem Zusammenhang anhängig. ”Wie zahlreiche andere Kreditinstitute haben wir uns anlässlich der BGH-Entscheidung vom 06. Oktober 2021 dazu entschlossen, aktiv und unaufgefordert auf die Kundinnen und Kunden zuzugehen, die einen entsprechenden Sparvertrag abgeschlossen haben.”

Dieses Vorgehen erwarte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). ”Mit unseren Kunden möchten wir zum einen ein Zinsanpassungsverfahren vereinbaren, das die höchstrichterlichen Vorgaben umsetzt. Zum anderen bieten wir einen pauschalen Zinsausgleich an, der sich an von uns vorgenommenen Berechnungen auf Basis einzelner Verträge orientiert.” Dabei würden natürlich die Summe der Einzahlungen und die Laufzeit des Vertrages berücksichtigt.

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