Karlsruher EZB-Urteil: EU-Kommission stellt Verfahren gegen Deutschland ein

Der von einem umstrittenen Karlsruher Urteil zu Anleihenkäufen der EZB ausgelöste Streit zwischen der Europäischen Union (EU) und Deutschland ist vom Tisch. Wie die Brüsseler EU-Kommission mitteilte, wurde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt.
Die Bundesrepublik habe förmlich erklärt, den Vorrang und die Autonomie des Unionsrechts anzuerkennen, erklärte die für die Überwachung der Einhaltung von EU-Recht zuständige Behörde am Donnerstag. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Rechtsstaatlichkeit.
Deutschland erkennt Brüssels Autorität an
Zudem habe Deutschland zugesagt, die Autorität des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anzuerkennen, dessen Urteile endgültig und verbindlich seien, schrieb die Kommission. Auch habe sich die deutsche Regierung verpflichtet, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um weitere "Ultra-vires"-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu vermeiden. Im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle kann Karlsruhe prüfen, ob EU-Maßnahmen mit den Kompetenzen vereinbar sind, die der nationale Gesetzgeber an die EU übertragenen hat.
Karlsruher Urteil verursachte Wirbel
Das Urteil aus Karlsruher hatte im Mai 2020 für großen Wirbel gesorgt, als die Verfassungsrichter die billionenschweren Aufkäufe von Staatsanleihen der Euro-Länder durch die Europäische Zentralbank (EZB) als teilweise verfassungswidrig einstuften.
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Damit hatten sie sich gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt, der Ende 2018 entschieden hatte, dass die Käufe nicht gegen das EU-Recht verstoßen. Im Kern geht es bei dem Konflikt um den Vorrang des Europarechts.
Die EU-Kommission hatte im Juni wegen des Urteils aus Karlsruhe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Brüssel startet Verfahren gegen Deutschland wegen EZB-Urteils
Die Bundesregierung verwies in einem Schreiben an die Kommission auf die grundsätzliche Europafreundlichkeit der deutschen Verfassung sowie auf den Verfassungsauftrag zur Verwirklichung eines vereinten Europas. Die Bundesregierung regte zudem an, einen Dialog zwischen dem EuGH und den Verfassungsgerichten der Mitgliedstaaten einzurichten.
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