Zahl der Firmenpleiten fällt auf Rekordtief

Die Zahl der Insolvenzen ist in Deutschland im Juli auf einen historischen Tiefstand gefallen. Von Flut betroffene Unternehmen sollen bis Ende Oktober keine Insolvenz anmelden müssen.
Steffen Müller, Leiter der Abteilungen Strukturwandel, Produktivität und Insolvenzforschung, IWH | Foto: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Steffen Müller, Leiter der Abteilungen Strukturwandel, Produktivität und Insolvenzforschung, IWH | Foto: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Reuters, Erhard Krasny

Trotz Corona-Krise ist die Zahl der Firmenpleiten einer Studie zufolge im Juli auf einen historischen Tiefstand gefallen. 639 Personen- und Kapitalgesellschaften wurden als insolvent gemeldet, wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) nach einer Untersuchung mitteilte.

Das seien zehn Prozent weniger als im Vormonat und gut 25 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Frühindikatoren ließen auch im August keinen spürbaren Anstieg der Insolvenzzahlen erwarten. Die Daten basieren unter anderem auf Insolvenzbekanntmachungen der Registergerichte und Unternehmensbilanzen.

"Die anhaltend niedrigen Insolvenzzahlen spiegeln auch den lange erhofften wirtschaftlichen Aufschwung wider", sagte Steffen Müller, der die Abteilung Strukturwandel und Produktivität und die dort angesiedelte Insolvenzforschung an dem Institut leitet.

Nach dem Ende vieler Corona-Auflagen laufen die Geschäfte etwa im Hotel- und Gastgewerbe wieder besser, was der deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal zu einem Wachstum von 1,5 Prozent verholfen hat.

Zurückhaltung mancher Gläubiger

Auch staatliche Hilfsprogramme sowie die Zurückhaltung mancher Gläubiger spiele nach wie vor eine große Rolle, sagte Müller. Hinzu kommt noch, dass die meisten Unternehmen kerngesund in die Pandemie gegangen sind und nach wie vor ein funktionierendes Geschäftsmodell haben.

Im historischen Vergleich seien diese Zahlen dennoch extrem niedrig. So meldeten vor knapp 20 Jahren im Mittel noch 2000 Personen- und Kapitalgesellschaften pro Monat Insolvenz an. Vor fünf Jahren waren es demnach immer noch mehr als 1000.

Anfang Juni hatte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), mit Blick auf die Entwicklung der Insolvenzen erklärt: "Wir erwarten allerdings keinen sprunghaften Anstieg, sondern einen Prozess, der sich über mehrere Monate hinziehen wird."

Bankenverband rechnet mit "verkraftbarer Zahl" von Firmenpleiten

Ähnlich äußerte sich jüngst Andreas Schulz, Vorstandsvorsitzender der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam, im Interview mit FinanzBusiness.

"Wir werden sicherlich einen Anstieg bei den Insolvenzen sehen, aber keine Pleitewelle", sagt Andreas Schulz

Keine Insolvenzanmeldung nach Flutkatastrophe

Jene Unternehmen, die wegen der verheerenden Flut im Juli in Schieflage geraten sind, sollen bis Ende Oktober keinen Insolvenzantrag stellen müssen. Bereits am Mittwoch hatte das Kabinett dazu eine sogenannte Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen gebilligt, wie das zuständige Justizministerium in Berlin mitteilte. Der Bundestag muss die Änderungen aber noch beschließen. Insidern zufolge wird dafür eine Sondersitzung erwogen, womöglich schon in der nächsten Woche, damit Firmen schnell Klarheit haben.

Die Insolvenzantragspflicht solle deswegen für betroffene Betriebe rückwirkend ab dem 10. Juli bis Ende Oktober 2021 ausgesetzt werden, erklärte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD).

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