Sparkassenchef aus Ahrweiler beschreibt die Flutkatastrophe als "Apokalypse"

Nach der etwa acht Meter hohen Flutwelle, die in der Nacht zum 15. Juli das Ahrtal verwüstet hat, sind bei der Kreissparkasse fünf Filialen zerstört - ein Fünftel des Netzes. "Im Prinzip war es eine Apokalypse.", sagte Dieter Zimmermann, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse im Interview mit dem Handelsblatt.
Geschäftsbetrieb durchgehend aufrechterhalten
Die Sparkasse konnte den Geschäftsbetrieb die ganze Zeit aufrechterhalten. In den Tagen nach der Katastrophe sei sein Institut die ganze Zeit "komplett funktionsfähig, was Bargeldversorgung, Zahlungsverkehr, Kreditgeschäft, Wertpapiergeschäft und Beratung angeht, aber nicht an allen Orten", gewesen.
Die Home-Office Erfahrung in der Pandemie und das umfangreiche Filialnetz mit höhergelegenen Dörfern hätten dazu beigetragen.
Seit Dienstag sei auch der Strom in der Hauptstelle zurück, was einer "Auferstehung" gleichkomme, schildert Zimmermann.
Aktuell beschreibt Zimmermann die Lage so: "Es gibt eine Handvoll Geschäftsstellen, die extrem geschädigt sind, ob diese wieder aufgebaut werden können, ob die Immobilien noch zu retten sind, können wir noch nicht sagen. Genauer gesagt, stehen fünf Filialen zur Disposition."
Zudem hat die Sparkasse ihre mobile Geschäftsstelle wieder in Betrieb genommen und steuern damit zur Zeit folgende Ortschaften an: Dernau, Altenahr und Ahrbrück, heißt es auf der Website der Sparkasse.
Erfahrungen aus der Covid-Pandemie bewähren sich
Die Erfahrungen aus der Covid-Pandemie hätten sich auch in der Organisation nach der Flutkatastrophe bewährt.
"Was uns sehr geholfen hat, ist, dass wir schon in der Covid-Pandemie den gesamten Stab, die Marktfolgebereiche Homeoffice-fähig gemacht haben. Es ist nicht mehr so wichtig, wo die Teams arbeiten, das hat sich extrem bezahlt gemacht.", sagt Zimmermann
Fluten erreichen Schließfachanlagen
Die Fluten erreichten in den Geschäftsstellen Altenahr, Mayschoß, Dernau, Ahrweiler, Ahrweiler Markt und Bad Neuenahr auch die Schließfachanlagen, die sich zumeist im Keller der Gebäude befinden. Derzeit sei man noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt und könne noch keinen Zutritt zu der Schließfachanlage gewähren, schreibt die Sparkasse auf ihrer Website.
Zimmermann, seit 2001 Chef der Sparkasse, geht davon aus, dass etwa ein Viertel der Belegschaft der Sparkasse in irgendeiner Form von der Flut betroffen ist.
Aktiver Kontakt mit Aufsichtsbehörden
Die Bank sei gut kapitalisiert und in aktivem Kontakt mit den Aufsichtsbehörden, sagt Zimmermann. Die Bank selbst habe eine Spende von 500.000 Euro gewährt, der sich viele Privatpersonen und verschonte Betriebe mittlerweile angeschlossen haben, sagt Zimmermann. "Insgesamt sind so bislang fünf Millionen Euro zusammengekommen.", resümiert Zimmermann.
Die Sparkasse hat bereits ein Sonderkreditprogramm aufgelegt. "Wie viele Kredite wir am Ende vergeben, können wir noch nicht sagen. Das ist auch in großen Teilen noch gar nicht abschätzbar.", so der Sparkassenchef und hebt hervor, das Institut sei als sehr pragmatisches Haus bekannt und habe den großen Vorteil, die Kunden persönlich zu kennen.
Die 1865 eröffnete Kreissparkasse belegte im bundesweiten Ranking der Sparkassen 2020 mit einer Bilanzsumme von rund 2,2 Mrd. Euro Rang 204. Das Institut beschäftigte Ende letzten Jahres 386 Mitarbeiter. Die Sparkasse betreibt 29 Filialen, beziehungsweise Selbstbedienungsstandorte.
Auch das 2013 fertiggestellte Hauptstellengebäude ist beschädigt. Mit Blick auf die Belegschaft hat die Sparkasse ihren Mitarbeitern direkt am ersten Tag Sonderurlaub gewährt