Volksbank Stuttgart geht bei Negativzinsen mit Bedacht vor

Die Volksbank Stuttgart will sich bei der Einführung von Verwahrentgelten für Bestandskunden Zeit lassen. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende Stefan Zeidler im Interview mit der Börsen-Zeitung an.
"Wir werden mit Bestandskunden Einzelvereinbarungen treffen, welche sich nach dem Umfang der Geschäfte richten, die die Kunden mit uns machen. Auch die Mitgliedschaft spielt eine Rolle. Ziel ist es, das Thema Verwahrentgelte in unserem Hausbankmodell zu verankern. Um dies zu regeln, haben wir uns ein Jahr Zeit vorgenommen", sagte Zeidler in dem Interview.
Für Neukunden des genossenschaftlichen Instituts wurde bereits ein Freibetrag von 100.000 Euro eingeführt. Auf höhere Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonto anlegt, dem werden 0,5 Prozent Negativzins in Rechnung gestellt.
Auf dem Sparkonto sind Negativzinsen für die Volksbank Stuttgart aber ein Tabu, stellte Zeidler in dem Interview klar, fügte gleichwohl hinzu: "Allerdings sollte das Sparkonto nicht ersatzweise als Girokonto benutzt werden."
Negativzinsen der EZB nur schwer zu verkraften
Inzwischen falle es der Volksbank Stuttgart schwer, die Negativzinsen, die die Europäische Zentralbank seit 2014 berechnet, zu verkraften. "Inzwischen sind unsere Zinserträge aus Altkrediten derart abgeschmolzen, dass dies immer schwerer fällt. Hinzu kommt ein enormer Einlagenzuwachs, den wir ja ebenfalls geschickt anlegen müssen. Je nach Fristentransformation und Bonität der Wertpapiere, in denen wir anlegen, errechnet sich für uns ein Minuszinseffekt von 0,3 Prozent. Durchgerechnet schlagen damit die Negativzinsen bei uns bereits jetzt mit rund 10 Mio. Euro zu Buche", sagte Zeidler in dem Interview.
Der CEO der Volkbank Stuttgart sieht aber auch Licht am Ende des Tunnels, denn zu Jahresbeginn, sei die Firmenkreditvergabe mit vier bis fünf Prozent "erstmals seit Langem" wieder stärker gewachsen als die Einlagen, die um zwei bis drei Prozent zugelegt hätten.
Von den Folgen der Corona-Pandemie sieht sich das Institut nicht betroffen: "Wir haben es mit extrem wenig Stundungen zu tun. Es sind weniger als 100 Privatkunden betroffen und unter einem Prozent Firmenkunden", sagte Zeidler der Börsen-Zeitung.
Aufschwung nur eine Frage der Zeit
In Abhängigkeit von der dritten Corona-Welle sei es nur eine Frage der Zeit, wann der Wirtschaftsaufschwung kommen werde. Es sei zwar möglich, dass sich an manchen Stellen lückenhafte Lieferketten als Bremsfaktor für das Wachstum auswirkten. Und natürlich würden einige Firmen die Krise nicht überleben. Einen gewissen Aufwärtstrend bei Neugründungen sowohl im digitalen als auch im klassischen handwerklichen Bereich beobachte das Institut aber bereits heute, so Zeidler in dem Interview.
An der unter genossenschaftlichen Instituten starken Fusionswelle, will sich die Stuttgarter Volksbank nicht aktiv beteiligen: "Unsere Politik ist es aber, keine Übernahmeversuche zu starten. Sofern wir angesprochen werden, sind wir natürlich für Gespräche immer offen. Es ist auch nichts in der Pipeline", so Zeidler im Interview.
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