Corona-Hilfen erweisen sich für den Mittelstand oft als zu bürokratisch

Die staatlichen Hilfen in der Corona-Krise sind aus Sicht vieler Mittelständler oft mit zu viel Bürokratie verbunden. "Besonders die von den beiden Lockdowns direkt betroffenen Unternehmen sind (...) trotz aller Rücklagen zum Überleben auf staatliche Unterstützungsmaßnahmen angewiesen", stellen der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raffeisenbanken (BVR) und die DZ Bank nach ihrer jüngsten Befragung von 1500 kleinen und mittleren Unternehmen fest.
Die Datenerhebung erfolgte vor den Beschlüssen zum zweiten harten, bundesweiten Lockdown.
Die Gelder "sollten den Unternehmen eigentlich möglichst unbürokratisch gewährt werden", schreiben die Autoren in der Auswertung der Umfrage, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
"Unsere Umfrage signalisiert jedoch, dass das nicht immer der Fall gewesen sein dürfte: Den Mittelständlern bereitet mitten in der Corona-Krise die Bürokratie in Deutschland die größten Sorgen, nicht etwa die Auswirkungen und Nachwirkungen der Krise selbst."
Zu viel Bürokratie, zu wenig Fachkräfte
Tatsächlich nennen 68 Prozent der im Herbst befragten Unternehmen Bürokratie als größtes Problemfeld. Bei kleineren Mittelständler mit höchstens 20 Beschäftigten klagen sogar fast 89 Prozent über zu großen Verwaltungsaufwand.
Als zweitgrößte Herausforderung nennen die Unternehmen den Mangel an Fachkräften (67 Prozent), die Auswirkungen der Corona-Krise bereiten 65 Prozent der Firmen Sorgen.
Eine schnelle Besserung ihrer Geschäfte erwarten die Firmen nicht. "Den Mittelständlern geht es aktuell zwar spürbar besser als noch im Frühjahr dieses Jahres. Von einer Rückkehr zur Normalität kann aber noch nicht die Rede sein", heißt es in der Analyse.
Dies gelte umso mehr, da die Datensammlung bereits vor den Beschlüssen zu einem erneuten Herunterfahren der Wirtschaft ab November abgeschlossen gewesen sei.
Die Lage vor dem Lockdown "light" im November
Immerhin schätzten im Herbst annähernd zwei Drittel der Unternehmen ihre Geschäftslage als "gut" oder "sehr gut" ein.
Mehr als ein Drittel der Befragten gab jedoch an, ihre aktuelle Lage sei "eher schlecht" oder "schlecht". Besonders trüb ist die Stimmung im Metall-, Automobil- und Maschinenbau, wo gut jeder achte Mittelständler die Lage als "schlecht" ansieht.
Trotz der Belastungen der Corona-Krise versuchen Mittelständler der Umfrage zufolge ihre Beschäftigten möglichst zu halten, notfalls mittels Kurzarbeit.
"Ein nennenswerter Beschäftigungsaufbau ist jedoch für immer weniger Unternehmen ein Thema", heißt es in der Studie. Zwar planten immer noch gut 17 Prozent der befragten Unternehmen ihren Personalbestand zu erhöhen. Dem stünden inzwischen aber mehr als 15 Prozent gegenüber, die einen Jobabbau erwarten. Dies sei der höchste Wert seit der Finanzkrise 2009.
Zurückhaltung bei Investitionen
Auch mit Investitionen halten sich viele Firmen zurück. In der Herbstumfrage signalisierten weniger als 69 Prozent, dass sie in den nächsten sechs Monaten in ihr Unternehmen investieren wollen.
Dieser Wert ist damit zum sechsten Mal in Folge zurückgegangen. Noch niedriger lag die Investitionsbereitschaft zuletzt in der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren.
Nach Einschätzung von BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin dürften die meisten Mittelständler in Deutschland dank vergleichsweise dicker Polster an Eigenkapital "in der Lage sein, die Pandemiefolgen gut zu bewältigen".
Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, verwies zudem darauf, dass sich viele Unternehmen im Frühjahr 2020 mit "ausreichend liquiden Mitteln" versorgt haben. Daher sei er "zuversichtlich, dass die meisten Mittelständler einen harten Winter gut überstehen werden", erklärte Berghaus.
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