EZB-Direktor Stefan Walter stellt virtuelle Prüfung in Aussicht

Der neue Generaldirektor der Europäischen Zentralbank (EZB), Stefan Walter, warnt in einem Interview mit der Börsen-Zeitung die europäischen Institute davor, die eigene Risikovorsorge zu überschätzen. Diese Gefahr bestünde vor allem, wenn die staatliche Stützungsmaßnahmen auslaufen.
"Da geht es auch um die Klassifikation und die Migration in die neue Rechnungslegung von IFRS9 und darum, Konzentrationen in stark betroffenen Sektoren beizeiten zu erkennen. Die Erfahrung der Finanzkrise hat gezeigt, dass die Volumen an notleidenden Forderungen stark wachsen können, wenn man sie nicht schnell erkennt und aktiv gegensteuert", sagte Walter.
Virtuelle On-Site-Prüfung
Er ist bei der Zentralbank auch für den neuen Geschäftsbereich Horizontal Line Supervision (DG/HOL) zuständig.
Um die Kontrolle über die beaufsichtigten Institute auch weiterhin zu behalten, entwickele man aktuell - Corona-bedingt - eine virtuelle On-Site-Prüfung. "Man kann nicht alles, aber doch sehr viel auch aus der Entfernung erledigen."
Die Pandemie habe das Kreditmanagement-Risiko verändert. Zum Beispiel seien neue Indikatoren anzuwenden, um Risiken im Kreditbestand auf die Spur zu kommen, denn die gängigen, auf Korrelationen zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Entwicklung fauler Kredite basierenden Modelle würden in Zeiten massiver öffentlicher Unterstützungsprogramme zusammenbrechen.
Mehr Cyberangriffe
Als weiteres Risiko führte Walter im Interview die erhöhte Zahl von Cyber-Angriffen auf Banken an. Es habe aber bislang keine schwerwiegenden Fälle gegeben.
Wegen Corona steht Banken "ein langer, kalter Winter bevor", sagt Cornelius Riese