Inflationsrate ist zum dritten Mal in diesem Jahr negativ

Die Verbraucherpreise verharren im Oktober dank der zeitweisen Senkung der Mehrwertsteuer auf dem Niveau des Vorjahresmonats.
Hinweisschild für Preisnachlässe an einem Geschäft in der Kölner Innenstadt | Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress
Hinweisschild für Preisnachlässe an einem Geschäft in der Kölner Innenstadt | Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress
DPA und Erhard Krasny

Deutlich gesunkene Energiepreise und niedrigere Mehrwertsteuersätze haben die Inflationsrate in Deutschland auch im Oktober unter die Nullmarke gedrückt.

Die Verbraucherpreise lagen um 0,2 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Ein Grund sei weiterhin die zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer, erklärte die Wiesbadener Behörde. Sie bestätigte vorläufige Daten. Eine Jahresinflationsrate von minus 0,2 Prozent war auch im September errechnet worden. Im Juli lag sie bei minus 0,1 Prozent.

Gegenüber September stiegen die Verbraucherpreise im Oktober nach Angaben der Statistiker leicht um 0,1 Prozent.


Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, ordnet die Entwicklung wie folgt ein: "Das Inflationsziel der EZB wird derzeit drastisch verfehlt. Vor allem auch deshalb, weil die Teuerungsrate unter Herausrechnung der volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise im September von 0,4% auf 0,2% sinkt. Die immense Liquiditätszufuhr wird an den niedrigen Inflationsraten auf Sicht der kommenden Monate nichts ändern." Für die europäischen Währungshüter seien die jüngsten Zahlen keine guten Nachrichten. Christine Lagarde komme unter Handlungsdruck, so Gitzel in einer Mitteilung weiter.

Ende Oktober hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärt, sie sehe "überhaupt keine Deflationsrisiken", die Inflation bleibe bis 2021 negativ. Die Wachstumsrisiken seien "klar" nach unten gerichtet, so Lagarde bei der Online-Pressekonferenz zur EZB-Ratssitzung.

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Heizöl und Kraftstoffe werden billiger

Deutlich weniger als ein Jahr zuvor mussten Verbraucher im Oktober für Energie zahlen: Heizöl (minus 37,2 Prozent) und Kraftstoffe (minus 10,7 Prozent) verbilligten sich deutlich. In der Corona-Krise ist die Wirtschaft eingebrochen und damit auch die weltweite Nachfrage nach Rohöl. Ohne die Preise für Energieprodukte hätte die Jahresinflationsrate den Angaben zufolge bei plus 0,6 Prozent gelegen.

Nahrungsmittel verteuerten sich gegenüber dem Vorjahresmonat hingegen um 1,4 Prozent. Insbesondere für Fleisch und Obst mussten Verbraucher tiefer in die Tasche greifen. Deutlich teurer wurden auch Tabakwaren (plus 5,4 Prozent).

Händler geben Mehrwertsteuersenkung weiter

Seit 1. Juli gelten für ein halbes Jahr niedrigere Mehrwertsteuersätze. Damit will die Bundesregierung in der Corona-Krise den Konsum ankurbeln. Händlern und Dienstleistern steht es frei, ob und wie sie die Erleichterungen an Verbraucher weitergeben. Nach einer Studie des Info-Instituts haben Supermärkte die Senkung fast vollständig an ihre Kunden weitergegeben. Dabei habe es bei Produktgruppen mit stärkerem Wettbewerb größere Preisreduzierungen gegeben als bei Produktgruppen mit weniger intensivem Wettbewerb, hieß es.

Ab 1. Januar sollen wieder die regulären Mehrwertsteuersätze gelten. Die Autoren um Ifo-Präsident Clemens Fuest schließen nicht aus, dass die Preise dann stärker steigen als sie zuvor reduziert wurden. Diesen Effekt habe es bei einigen zeitweisen Senkungen in anderen Ländern gegeben.

Auch im Euroraum sinken die Verbraucherpreise

Die für europäische Vergleichszwecke harmonisierten Verbraucherpreise (HVPI) gingen im Oktober im Jahresvergleich um 0,5 Prozent zurück. Im Euroraum insgesamt waren die Verbraucherpreise nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,3 Prozent gesunken.

Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt für den Euroraum mit seinen 19 Staaten mittelfristig eine jährliche Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist nach Einschätzung der Währungshüter weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn sind Preise dauerhaft niedrig oder sinken auf breiter Front, könnte dies Unternehmen und Verbraucher verleiten, Investitionen aufzuschieben - im Glauben, dass es womöglich ja bald noch billiger wird. Diese abwartende Haltung kann die Konjunktur ausbremsen.

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